Ramallah - Gemäß der palästinensischen Verfassung muss es nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten binnen 60 Tagen Neuwahlen geben. Bis dahin wird Parlamentspräsident Rauhi Fattuh die Regierung leiten, dem selbst aber keine Chancen auf den Posten eingeräumt werden. Ungeklärt ist derzeit, wer die Wahl gewinnen und Yasser Arafat, dessen Hirntod am Donnerstag festgestellt wurde, dauerhaft beerben könnte. AFP gibt im Folgenden einen Überblick über die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge in der Mukata, dem Amtssitz des Präsidenten in Ramallah:

Der ehemalige Ministerpräsident Mahmud Abbas ist derzeit Generalsekretär der PLO und war unter Arafat zuletzt die Nummer zwei innerhalb der Organisation. Der 69-Jährige ist ein langjähriger Weggefährte des verstorbenen PLO-Chefs, hatte sich aber in seiner Zeit als Regierungschef mit Arafat überworfen. Im September vergangenen Jahres gab der auch unter dem Kampfnamen Abu Masen bekannte Politiker das Amt des Ministerpräsidenten nach nur vier Monaten entnervt ab.

Korei verhandlungserfahren

Regierungschef Ahmed Korei gründete Ende der 50er Jahre gemeinsam mit Arafat die Fatah-Bewegung. Später hatte Arafat seinen unter dem Kampfnamen Abu Alaa bekannten Weggefährten immer wieder damit betraut, heikle Verhandlungen mit Israel zu leiten: So war Korei Verhandlungsleiter bei den Friedensverhandlungen mit Israel, die zum Osloer Friedensabkommen 1993 führten. Auch nach dem Amtsantritt des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon verhandelte der 67-Jährige über einen Friedensplan, der jedoch im Ansatz stecken blieb.

Ex-Geheimdienstchef Mohammed Dahlan gilt als der starke Mann im Gaza-Streifen. Das Verhältnis zwischen dem 42-Jährigen und Arafat war zuletzt gespannt gewesen. Der im Gazastreifen geborene Dahlan hatte die Regierung von Abbas im September 2003 verlassen. Zuletzt hatte er die Korruption in den Palästinensergebieten angeprangert und von Arafat Reformen gefordert. Dahlan nahm eine wichtige Rolle bei den Friedensgesprächen ein, was ihm gute Kontakte zu Israel, aber Misstrauen bei den Palästinensern einbrachte.

Rajoub, der Volksheld

Arafats bisheriger Sicherheitsberater Jibril Rajoub ist ein palästinensischer Volksheld. Schon mit 16 Jahren war er an Angriffen gegen die israelische Armee beteiligt. Über ein Drittel seines Lebens verbrachte er in israelischer Gefangenschaft. Nach dem Osloer Friedensabkommen kam er frei, gehörte danach zu den Befürwortern einer Aussöhnung und trat als Unterhändler der Palästinenser in Friedensgesprächen auf. Nach der umstrittenen Entlassung als Sicherheitschef im Westjordanland im Jahr 2002 hatte Arafat ihn im vergangenen Jahr zu seinem Sicherheitsberater gemacht.

Marwan Barghuti ist nach Arafat der wohl beliebteste Palästinenservertreter und wurde lange als sehr aussichtsreicher Nachfolger des PLO-Chefs gehandelt. Der Fatah-Chef im Westjordanland sitzt jedoch seit zwei Jahren in israelischer Haft und wurde im Juni wegen mehrfachen Mordes zu einer fünffachen lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er galt als strategischer Kopf der im September 2000 ausgebrochenen zweiten Intifada. (APA/AFP)