"Arznei & Vernunft" als Gemeinschaftsprojekt von Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Vereinigung pharmazeutischer Unternehmen (Pharmig), Ärzte- und Apothekerkammer hat in den vergangenen zehn Jahren von Expertengremien eine ganze Reihe von Behandlungsleitlinien erstellen lassen. Mit dem Typ-2-Diabetes, auch nicht-insulinabhängiger Diabetes genannt, hat man sich mit einem echten "Volksleiden" mit erheblichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen beschäftigt.
Folgen
Hauptverband-Generaldirektor Dr. Josef Probst anlässlich der Präsentation: "Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Volkskrankheit, die sich in der Wohlstandsgesellschaft dynamisch entwickelt (...). Die Folgen von nicht adäquat behandeltem Diabetes sind im schlimmsten Fall Nierenversagen, Erblindung, Amputation, Schlaganfall und Herzinfarkt - alles äußerst kostenintensive Erkrankungen, ganz abgesehen vom persönlichen Leider der Betroffenen."
Deshalb soll - so das Expertenpapier - dem "Altersdiabetes" mit einem umfassenden Programm begegnet werden. "Präventive Maßnahmen sind zur Eindämmung der rapiden Zunahme der Diabetes-Prävalenz (Häufigkeit, Anm.) dringlich notwendig." Bei Risikogruppen sollten frühzeitig Maßnahmen zur Vorbeugung ergriffen werden: Gewichtsreduktion, Kontrolle von Blutdruck, Blutfettwerten, fettarme Ernährung und ausreichend Bewegung.
Kosten ...
Eine optimale Therapie zahlt sich aus. Probst: "Nicht die direkte medikamentöse Behandlung des Diabetes (im Jahr 2003 67 Mio. Euro insgesamt, Anm.) verursacht den größten Anteil der Kosten für die Sozialversicherung, sondern die Behandlung der zahlreichen Folgeerkrankungen, die weitere Kosten für Medikamente, ärztliche Betreuung, aber auch stationäre Aufenthalte und Pflegeleistungen nach sich ziehen." Die Sozialversicherung will die Häufigkeit der Diabetes-Spätschäden bis zum Jahr 2020 in Österreich um ein Drittel reduziert sehen.
Zielwerte
Insgesamt - so die Leitlinie - sollten bei Typ-2-Diabetikern folgende Zielwerte angestrebt werden:
Lebensstil
Viele dieser Ziele könnten durch einen gesünderen Lebensstil erreicht werden. Für die Blutzuckereinstellung bei Typ-2-Diabetikern stehen darüber hinaus zahlreiche Medikamente zur Verfügung, wenn der HbA1c-Wert mit den Lebensstilmaßnahmen nicht auf unter sieben Prozent gebracht werden kann. Hier sollte laut dem Expertenpapier zunächst eine Monotherapie mit einem oralen Antidiabetikum (besonders Metformin bzw. Sulfonylharnstoffe) erfolgen. Reicht das nicht, gibt es Kombinationstherapien.
Reicht auch die orale Kombinationstherapie binnen drei Monaten nicht aus, sollte - so die Leitlinie - nicht zu spät auch eine Insulinbehandlung erfolgen. Auch hier kann oft eine Kombination mit den Tabletten erfolgen.
Insulin-Analoga und Statine
Bei Neuerungen, so den Insulin-Analoga, die entweder extrem kurz oder extrem gleichmäßig und lang wirken, nimmt das Papier eine zurückhaltende Position ein. Weiters wird festgestellt, dass eine Empfehlung, alle Diabetiker - auch ohne vorliegende Herz-Kreislauf-Erkrankung - mit Cholesterinsenkern (Statine) zu behandeln, derzeit nicht möglich sei. Hier gibt es allerdings wissenschaftliche Studien, die zu durchaus anderen Ergebnissen kommen. Allerdings, wurde in jüngster Vergangenheit in Österreich die Chefarztpflicht von Statinen bei Diabetikern abgeschafft.
Pharmig-Präsident Dr. Hubert Dreßler: "Es sollte der Ehrgeiz des österreichischen Gesundheitssystems sein, unseren Patienten die bestmögliche und frühest mögliche Behandlung zukommen zu lassen." Apothekerkammer-Vizepräsidentin Dr. Christiane Körner betonte anlässlich der Präsentation der Leitlinie, dass auch Vorscreening-Tests auf erhöhte Blutzuckerwerte in den Apotheken einen Beitrag zur Früherkennung von Typ-2-Diabetes leisten könnten. Zu der Leitlinie gibt es auch Informationsmaterial für Patienten in den Arztordinationen und Apotheken. (APA)