Seine Haut hat eine ganz natürliche Farbe und fühlt sich weich und warm an, sein Pulsschlag ist deutlich zu spüren und durch die Atmung hebt und senkt sich sein Brustkorb - ja, er uriniert sogar noch. Kann so ein Mensch tot sein?

"Natürlich", sagt Michael Zimpfer, Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, "nur wollen das die wenigsten seiner Verwandten und Bekannten wahrhaben, weil sie den Tod an sich nicht realisieren wollen und vor allem auch, weil dieses vermittelte Bild ganz und gar nicht dem entspricht, das sie sich von einem Toten machen."

Doch ist die Diagnose Hirntod gestellt, sei der Mensch tot. Und zwar irreversibel, betont der Mediziner, an dessen Klinik jährlich rund 150 derartige Diagnosen gestellt werden. Die augenscheinlichen Körperfunktionen würden nur noch von Maschinen ausgeführt.

Dies deshalb, weil mit dem Tod "sofort der Auflösungsprozess des Gewebes, seine Zersetzung beginnt", erklärt Zimpfer. Und das wolle man zum alleinigen Zweck der Organentnahme für Transplantationen verhindern. Daher die sündteure Intensivtherapie, daher die Maschinen, daher die internationale Definition des Hirntodes.

Und Yassir Arafat? Dass der Palästinenserpräsident für eine Organentnahme vorgesehen wäre, kann sich der Mediziner nicht vorstellen. Daher ist es für Zimpfer "medizinisch und ökonomisch unsinnig und vor allem ethisch höchst bedenklich", dass der 75-jährige Politiker im Militärspital Percy nahe Paris angeblich weiter künstlich am Leben erhalten werde.

Dass sich Arafats Ärzte mit ihrer Diagnose - die bereits mehrmals, vor allem von Politikern, angezweifelt oder dementiert wurde - geirrt haben könnten, kann sich Zimpfer auch nicht vorstellen. "Eine solche Diagnose wird weltweit in allen normalen Häusern immer nur in einem Team nach ganz klaren Richtlinien gestellt."

Nach der 1968 von der Harvard Medical School in Boston erstellten Definition müssen bei einem Hirntoten Koma (keine motorische und verbale Reaktion auf akustische und Schmerzreize), Atemstillstand und Ausfall des Hirnstammes (der die Körperfunktionen steuert) festgestellt werden, Letzteres mit der Messung der elektrischen Ströme in diesem Hirnareal (EEG). Mit Ausnahme von Großbritannien wird in Europa auch der Ausfall des Großhirnes so überprüft. In Frankreich wie in Österreich würden drei unabhängige Ärzte, ein Intensivmediziner und zwei Neurologen, die Diagnose während wenigstens 24 Stunden stellen.

Ist dann der Hirntod festgestellt, sei die Diagnose laut Zimpfer unumstößlich. Das hätten inzwischen dutzende wissenschaftliche Studien bewiesen - nicht zuletzt, "um ethische Bedenken oder sogar Zweifel am so festgestellten sicheren Tod ein für alle Male auszuräumen". (Andreas Feiertag/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.11.2004)