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Katastrophale Folgen einer Zug-Auto- Kollision: Der Bahn- schranken sperrte die Straße nur zur Hälfte.

Foto: Reuters/FINN-KELCEY
Im ersten Schreck dachte Johnny Saunders, jemand habe die Notbremse gezogen. "Aber dann ratterte der Zug weiter. Schließlich kam er mit einem Zittern zum Stehen. Das Licht ging aus, Schreie, Kreischen, es war dunkel. Für ein paar Augenblicke brach totales Chaos aus." Saunders, ein Radioreporter der BBC, saß zufällig in einem der Unglückswagons, als der Schnellzug von London-Paddington nach Plymouth am Samstagabend aus den Gleisen sprang. Rund 65 Kilometer westlich der Hauptstadt, im Dorf Ufton Nervet bei Reading, prallte der Express des Betreibers First Great Western um 18.15 Uhr Ortszeit gegen ein auf den Schienen stehendes Auto. Mit rund dreihundert Passagieren an Bord, bei einem Tempo von 150 Stundenkilometern. 45-Grad

Acht Wagen entgleisten, einige neigten sich im 45-Grad-Winkel zur Seite. Sieben Menschen, unter ihnen der Lokführer, kamen ums Leben. 150 weitere wurden verletzt, vier davon schwer. "Ich tastete nach dem Nothammer, um die Scheibe einzuschlagen. Irgendwann schafften wir es, rauszukommen", schilderte der Radiomann Saunders, was nach dem Stopp geschah.

Auch am Sonntag konnten die Ermittler noch nicht mit Sicherheit sagen, warum das Fahrzeug, das den Aufprall verursachte, auf den Gleisen parkte. Hatte der Fahrer eine Herzattacke erlitten? War es ein Selbstmordversuch? Letzteres gilt als wahrscheinlich.

Wieder einmal dreht sich der Disput um die Sicherheit der britischen Eisenbahn. Der Unglücksbahnübergang ist unbemannt. Nähert sich ein Zug, wird ein Impuls ausgelöst - die Schranken gehen herunter.

Nur Halbschranken

Allerdings versperren die Barrieren nicht die gesamte Straßenbreite, sondern nur die Hälfte, jenen Teil, der jeweils in Fahrtrichtung liegt. Ein Auto kann sich im Zickzackkurs durchschlängeln, und offenbar ist genau dies in Ufton Nervet geschehen.

Dabei hatten Bahninspektoren erst vor zwei Monaten vor den Gefahren solcher Übergänge gewarnt. "Im 21. Jahrhundert sollten Autos überhaupt keine Gleise mehr überqueren", verlangt jetzt Bob Crow, der Chef der Eisenbahner-Gewerkschaft. (Frank Herrmann aus London, Der Standard, Printausgabe, 08.11.2004/red/APA)