Finanzminister Karl-Heinz Grasser erwartet sich nach der heutigen Ankündigung von Siemens, ein Übernahmeangebot für die gesamte VA Tech legen zu wollen, "umfassende Garantien zur Sicherung österreichischer Interessen im Sinne des Privatisierungsauftrags". Konkret nannte Grasser Garantien für den Standort Österreich, die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale und die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich, die Einheit des Unternehmens und die Förderung von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten.
"Das Angebot von Siemens soll nun konstruktiv auf die Einhaltung der vorgegebenen Kriterien geprüft werden", kündigte der Minister am Montag an.
Ebenfalls zu Wort gemeldet hat sich auch
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Ob der Einstieg von
Siemens an der VA Tech positiv oder negativ sei, müsse das
Unternehmen selbst entscheiden. Das sei nicht Aufgabe der Regierung.
"Es geht darum, dass ein Unternehmen dieser Größe ein klares Konzept
und Zukunftsperspektiven hat." Diese Fragen müssten die
verantwortlichen Organe des Unternehmens nach eingehender Prüfung
beantworten. Siemens sei ein sehr verantwortungsbewusstes
Unternehmen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) hat sich
am Montag als erstes Regierungsmitglied eindeutig positiv zum
bevorstehenden Übernahmangebot des Siemens-Konzerns für die VA Tech
geäußert. Die Übernahme des 17-Prozent-Anteils von Großaktionär Mirko
Kovats durch Siemens Österreich bedeute eine "Stabilisierung der
Eigentümerstruktur" und die VA Tech sei ein Schlüsselunternehmen, für
das die Regierung "stabile Eigentümer" haben wolle, erklärte
Bartenstein in einer Aussendung in den Mittagsstunden. Er begrüße, dass Siemens im Gegensatz zur zuletzt gewählten Vorgangsweise nun mit offenen Karten spiele und das notwendige Maß an Transparenz damit gegeben sei. 15-Prozent-Aktionär ÖIAG sei "Garant dafür, dass es im Interesse des Standortes Österreich und der Arbeitsplätze zu keiner Zerschlagung des Konzerns kommen" werde. Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) hat an alle Verantwortlichen bei Siemens appelliert, bei der VA Tech "nicht kurzfristige Gewinnmaximierungen im Vordergrund zu sehen, sondern mit den heimischen Arbeitsplätzen
verantwortungsbewusst umzugehen". Standort und Arbeitsplätze müssten
garantiert werden. Die VA Tech, so Gorbach in einer Aussendung, sei bei vielen Produkten Weltmarktführer. Im Zusammenspiel mit dem Weltkonzern
Siemens könnten sich daraus noch weitere Chancen für den Standort
Österreich ergeben. SP-Chef Alfred Gusenbauer steht dem Einstieg von
Siemens grundsätzlich positiv gegenüber. Die jüngste
Entwicklung nähre die Hoffnung, dass es künftig einen stabilen
Eigentümer gebe, erklärte der SP-Vorsitzende bei einer
Pressekonferenz Montag Mittag. Gleichzeitig erinnerte Gusenbauer
Siemens daran, mit welcher Erwartungshaltung das Unternehmen jetzt
konfrontiert sei - nämlich, Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten. Gefordert ist nach Ansicht Gusenbauers nun auch die Regierung,
hätten doch sowohl Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als auch
Finanzminister Karl-Heinz Grasser jüngst im Nationalrat die Garantie
abgegeben, dass die VA Tech als Perle der österreichischen Industrie
nicht zerschlagen werden dürfe. Er gehe jetzt davon aus, dass die
Koalition auch alle notwendigen Schritte dazu setzen werde. Die ÖIAG müsse "als verantwortungsvoller Kernaktionär aktiv an der Gestaltung der Zukunft der VA Tech beteiligt bleiben" und dürfe nicht zur "Ausverkaufsholding" werden, kommentierte
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch den Verkauf. Die Entscheidungen über die Zukunft dieses wichtigen Unternehmens müssten weiterhin in Österreich getroffen werden, dafür brauche es die ÖIAG als einen verlässlichen und stabilen Eigentümer. Der ÖGB fordere deshalb die Regierung und die ÖIAG auf, eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Industriepolitik im Interesse Österreichs zu betreiben. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (V) verlangt von Siemens eine Standortgarantie für die oberösterreichischen VA-Tech-Standorte. Bei einem Gespräch zwischen
ihm und Siemens-Österreich-Generaldirektor Albert Hochleitner am Wochenende habe dieser die Garantie in aller Klarheit abgegeben, erklärte Pühringer in einer Presseaussendung am Montag. Elin EBG, T&D und die VAI würden am Standort in Oberösterreich bleiben und - wie
Hochleitner es ausgedrückt habe - "noch stärker von Siemens auf die
internationalen Märkte mitgenommen". Er erwarte sich von Siemens, dass man eine Wachstumsstrategie verfolge, nachdem die VAI in der letzten Zeit ihre strukturellen Schwächen im Wesentlichen ausgemerzt habe, so Pühringer. Der Siemens-Österreich-Chef habe dies bestätigt. Für eine rasche Verwirklichung einer zehnprozentigen Beteiligung ist Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider (S) in einer Aussendung eingetreten. Er werde in der Sitzung der Landesregierung einen entsprechenden Antrag einbringen. Diese solle vom Land Oberösterreich in Zusammenarbeit mit den ebenfalls betroffenen Bundesländern Wien und Steiermark vorfinanziert werden, so Haider. Gemeinsam könnten Mitarbeiter und ÖIAG "eine
feindliche Übernahme und eine Zerschlagung" verhindern. "Die schwarz-blaue Bundesregierung hat ihre Zusagen bei der VA
Tech nicht eingehalten, dieser ÖVP kann man überhaupt nichts mehr
glauben", betonte der Landeshauptmann-Stellvertreter. Durch die
"kurzsichtige schwarz-blaue Ausverkaufspolitik" sei das Unternehmen
"zu einem Spielball für Börsenspekulanten verkommen". Der oberösterreichische Agrarlandesrat Josef Stockinger (V) erklärte, es sollten jetzt nicht jene Krokodilstränen vergießen, die damals Kovats die Aktien verkauft hätten. Diese seien nämlich nicht von der Regierung oder von der ÖIAG verkauft worden, sondern vom Schwesterunternehmen voestalpine. Kovats wäre nie zu den Aktien gekommen, wenn sich nicht der voestalpine-Aufsichtsrat unter Mitwirkung des Betriebsrates zur Veräußerung entschieden hätte, erklärten Stockinger und
ÖVP-Landesparteisekretär Michael Strugl. Das sei der Beginn der
"Geschichte" gewesen, stellte der Agrarlandesrat fest. Zu Siemens als
neuem Eigentümer des bisher von Kovats gehaltenen Aktienpaketes
meinte der Landesrat, das Unternehmen sei ihm lieber, weil es sich
immerhin um einen stabilen Weltkonzern handle. Die oberösterreichischen Grünen wollen ein rasches Gespräch der
Landesregierung mit Vorstand und Betriebsrat der VA Tech in der
Regierungssitzung heute, Montag, beantragen, um ein gemeinsames
Vorgehen "zum Schutz der oberösterreichischen Arbeitsplätze" zu
verankern. "Für mich haben die Vorschläge und Forderungen der
Betroffenen erste Priorität", betonte Landessprecher Umweltlandesrat
Rudi Anschober in einer Presseaussendung. Der Standort müsse
garantiert und die Planungen durch Siemens müssten vollständig offen
gelegt werden. Die Mitarbeiterbeteiligung solle möglichst rasch
umgesetzt werden. Die Ereignisse rund um die VA Tech würden nach zusätzlichen
Maßnahmen verlangen, um den Mitarbeitern, deren Familien und auch der
gesamten oberösterreichischen Wirtschaft Sicherheit über den
künftigen Weg des Unternehmens zu geben, betonte Klubobmann der
Freiheitlichen in Oberösterreich, Günther Steinkellner, in einer
Aussendung. Deshalb habe er Landeshauptmann Pühringer ersucht, zu einem "Oberösterreich-Gipfel" einzuladen. Dabei solle geklärt werden, welche Absichten seitens der neuen Teileigentümer bestünden und welche Hilfen das Land dem Unternehmen bzw. den Beschäftigten geben könne, so Steinkellner. Mit dem Einstieg von Siemens als Hauptaktionär würden der VA Tech
erneut die "völlige Übernahme und Filetierung" drohen, so der
Präsident der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich, Johann Kalliauer,
in einer Aussendung. Die Mitarbeiterbeteiligung müsse so rasch wie
möglich realisiert werden. Dem bisherigen Hauptaktionär Mirko Kovats
sei es nicht um das Wohl des Unternehmens gegangen, sondern um
Gewinnmaximierung. Gelinge es nicht, die VA Tech innerhalb des Konzerns als eigene Unternehmensgruppe zu halten, drohe ein Abbau von Arbeitsplätzen, wo
es Überschneidungen mit bestehenden Konzernstrukturen bei Siemens
gebe, erklärte Kalliauer: "Oberösterreich wird dann eine der
wichtigsten Firmenzentralen verlieren." Der "überraschende Verkauf" von 17 Prozent der Aktien an Siemens
zeige einmal mehr, dass das Unternehmen stabile Verhältnisse brauche,
betonte der Landessekretär des ÖGB Oberösterreich, Erich Gumplmaier.
Die geforderte Mitarbeiterbeteiligung müsse schnellstens umgesetzt
werden, um die Konzernzentrale und Arbeitsplätze in Österreich zu
sichern. "Sollte Siemens langfristig anstreben, Teile des
Unternehmens zu schließen, um die Konkurrenz auszuschalten, wird der
Konzern mit erbittertem Widerstand der Gewerkschaft zu rechnen
haben", kündigte Gumplmaier an. Die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (V)
erwartet sich "gesicherte Zukunftsorientierung für unseren
Wirtschaftsstandort" von Siemens hinsichtlich der VA Tech-Standorte in
Weiz und auch in Graz mit rund 2.000 Mitarbeitern. Ferner erwarte sie
sich Zusagen und das Bekenntnis zu einer Standortgarantie für die
Steiermark, so die steirische VP-Chefin am Montag. Klasnic wies darauf hin, dass im Ressort von Wirtschaftslandesrat
Gerald Schöpfer (V) im September diesen Jahres eine "Task Force"
eingerichtet wurde, an der neben den Verantwortlichen des
Wirtschafts- und Finanzressorts, den Sozialpartnern auch Vertreter
der LH-Stellvertreter Franz Voves (S) und Leopold Schöggl (F)
mitwirken. Ausgehend von dieser Arbeitsgruppe sollen
Mitarbeiterbeteiligungsmodelle erarbeitet werden, damit auch
steirische Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, Aktionäre zu sein. Für den steirischen SPÖ-Landeschef LHStv. Franz Voves
hat es den Anschein, dass die Übernahme durch Siemens "bereits voll
abgedealt" ist. Bemühungen von VP-Wirtschaftslandesrat Gerald
Schöpfer um ein Mitarbeiter-Beteiligungsmodell wertet er als "Heuchelei". Er habe vielmehr die Befürchtung, "dass es überhaupt keine Chance mehr gibt für dieses Projekt". (APA/red)