Äußerst zurückhaltend zur geplanten Mehrheitsübernahme der VA Tech durch Siemens hat sich heute Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) gezeigt. Siemens sei eine sehr geachtete Firma. "Die werden sicher verantwortungsbewusst die Eigentümerrechte wahrnehmen," sagte der Kanzler am Rande eines Wirtschaftsforums zum Thema Südosteuropa am Montag in Wien. Das Thema falle aber nicht in seine Zuständigkeit, unterstrich der Kanzler.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser erwartet sich nach der heutigen Ankündigung von Siemens, ein Übernahmeangebot für die gesamte VA Tech legen zu wollen, "umfassende Garantien zur Sicherung österreichischer Interessen im Sinne des Privatisierungsauftrags". Konkret nannte Grasser Garantien für den Standort Österreich, die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale und die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich, die Einheit des Unternehmens und die Förderung von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten.

"Das Angebot von Siemens soll nun konstruktiv auf die Einhaltung der vorgegebenen Kriterien geprüft werden", kündigte der Minister am Montag an.

Ebenfalls zu Wort gemeldet hat sich auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Ob der Einstieg von Siemens an der VA Tech positiv oder negativ sei, müsse das Unternehmen selbst entscheiden. Das sei nicht Aufgabe der Regierung. "Es geht darum, dass ein Unternehmen dieser Größe ein klares Konzept und Zukunftsperspektiven hat." Diese Fragen müssten die verantwortlichen Organe des Unternehmens nach eingehender Prüfung beantworten. Siemens sei ein sehr verantwortungsbewusstes Unternehmen.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) hat sich am Montag als erstes Regierungsmitglied eindeutig positiv zum bevorstehenden Übernahmangebot des Siemens-Konzerns für die VA Tech geäußert. Die Übernahme des 17-Prozent-Anteils von Großaktionär Mirko Kovats durch Siemens Österreich bedeute eine "Stabilisierung der Eigentümerstruktur" und die VA Tech sei ein Schlüsselunternehmen, für das die Regierung "stabile Eigentümer" haben wolle, erklärte Bartenstein in einer Aussendung in den Mittagsstunden. Er begrüße, dass Siemens im Gegensatz zur zuletzt gewählten Vorgangsweise nun mit offenen Karten spiele und das notwendige Maß an Transparenz damit gegeben sei. 15-Prozent-Aktionär ÖIAG sei "Garant dafür, dass es im Interesse des Standortes Österreich und der Arbeitsplätze zu keiner Zerschlagung des Konzerns kommen" werde.

Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) hat an alle Verantwortlichen bei Siemens appelliert, bei der VA Tech "nicht kurzfristige Gewinnmaximierungen im Vordergrund zu sehen, sondern mit den heimischen Arbeitsplätzen verantwortungsbewusst umzugehen". Standort und Arbeitsplätze müssten garantiert werden. Die VA Tech, so Gorbach in einer Aussendung, sei bei vielen Produkten Weltmarktführer. Im Zusammenspiel mit dem Weltkonzern Siemens könnten sich daraus noch weitere Chancen für den Standort Österreich ergeben.

SP-Chef Alfred Gusenbauer steht dem Einstieg von Siemens grundsätzlich positiv gegenüber. Die jüngste Entwicklung nähre die Hoffnung, dass es künftig einen stabilen Eigentümer gebe, erklärte der SP-Vorsitzende bei einer Pressekonferenz Montag Mittag. Gleichzeitig erinnerte Gusenbauer Siemens daran, mit welcher Erwartungshaltung das Unternehmen jetzt konfrontiert sei - nämlich, Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten.

Gefordert ist nach Ansicht Gusenbauers nun auch die Regierung, hätten doch sowohl Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser jüngst im Nationalrat die Garantie abgegeben, dass die VA Tech als Perle der österreichischen Industrie nicht zerschlagen werden dürfe. Er gehe jetzt davon aus, dass die Koalition auch alle notwendigen Schritte dazu setzen werde.

Die ÖIAG müsse "als verantwortungsvoller Kernaktionär aktiv an der Gestaltung der Zukunft der VA Tech beteiligt bleiben" und dürfe nicht zur "Ausverkaufsholding" werden, kommentierte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch den Verkauf. Die Entscheidungen über die Zukunft dieses wichtigen Unternehmens müssten weiterhin in Österreich getroffen werden, dafür brauche es die ÖIAG als einen verlässlichen und stabilen Eigentümer. Der ÖGB fordere deshalb die Regierung und die ÖIAG auf, eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Industriepolitik im Interesse Österreichs zu betreiben.

Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (V) verlangt von Siemens eine Standortgarantie für die oberösterreichischen VA-Tech-Standorte. Bei einem Gespräch zwischen ihm und Siemens-Österreich-Generaldirektor Albert Hochleitner am Wochenende habe dieser die Garantie in aller Klarheit abgegeben, erklärte Pühringer in einer Presseaussendung am Montag. Elin EBG, T&D und die VAI würden am Standort in Oberösterreich bleiben und - wie Hochleitner es ausgedrückt habe - "noch stärker von Siemens auf die internationalen Märkte mitgenommen".

Er erwarte sich von Siemens, dass man eine Wachstumsstrategie verfolge, nachdem die VAI in der letzten Zeit ihre strukturellen Schwächen im Wesentlichen ausgemerzt habe, so Pühringer. Der Siemens-Österreich-Chef habe dies bestätigt.

Für eine rasche Verwirklichung einer zehnprozentigen Beteiligung ist Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider (S) in einer Aussendung eingetreten. Er werde in der Sitzung der Landesregierung einen entsprechenden Antrag einbringen. Diese solle vom Land Oberösterreich in Zusammenarbeit mit den ebenfalls betroffenen Bundesländern Wien und Steiermark vorfinanziert werden, so Haider. Gemeinsam könnten Mitarbeiter und ÖIAG "eine feindliche Übernahme und eine Zerschlagung" verhindern.

"Die schwarz-blaue Bundesregierung hat ihre Zusagen bei der VA Tech nicht eingehalten, dieser ÖVP kann man überhaupt nichts mehr glauben", betonte der Landeshauptmann-Stellvertreter. Durch die "kurzsichtige schwarz-blaue Ausverkaufspolitik" sei das Unternehmen "zu einem Spielball für Börsenspekulanten verkommen".

Der oberösterreichische Agrarlandesrat Josef Stockinger (V) erklärte, es sollten jetzt nicht jene Krokodilstränen vergießen, die damals Kovats die Aktien verkauft hätten. Diese seien nämlich nicht von der Regierung oder von der ÖIAG verkauft worden, sondern vom Schwesterunternehmen voestalpine. Kovats wäre nie zu den Aktien gekommen, wenn sich nicht der voestalpine-Aufsichtsrat unter Mitwirkung des Betriebsrates zur Veräußerung entschieden hätte, erklärten Stockinger und ÖVP-Landesparteisekretär Michael Strugl. Das sei der Beginn der "Geschichte" gewesen, stellte der Agrarlandesrat fest. Zu Siemens als neuem Eigentümer des bisher von Kovats gehaltenen Aktienpaketes meinte der Landesrat, das Unternehmen sei ihm lieber, weil es sich immerhin um einen stabilen Weltkonzern handle.

Die oberösterreichischen Grünen wollen ein rasches Gespräch der Landesregierung mit Vorstand und Betriebsrat der VA Tech in der Regierungssitzung heute, Montag, beantragen, um ein gemeinsames Vorgehen "zum Schutz der oberösterreichischen Arbeitsplätze" zu verankern. "Für mich haben die Vorschläge und Forderungen der Betroffenen erste Priorität", betonte Landessprecher Umweltlandesrat Rudi Anschober in einer Presseaussendung. Der Standort müsse garantiert und die Planungen durch Siemens müssten vollständig offen gelegt werden. Die Mitarbeiterbeteiligung solle möglichst rasch umgesetzt werden.

Die Ereignisse rund um die VA Tech würden nach zusätzlichen Maßnahmen verlangen, um den Mitarbeitern, deren Familien und auch der gesamten oberösterreichischen Wirtschaft Sicherheit über den künftigen Weg des Unternehmens zu geben, betonte Klubobmann der Freiheitlichen in Oberösterreich, Günther Steinkellner, in einer Aussendung. Deshalb habe er Landeshauptmann Pühringer ersucht, zu einem "Oberösterreich-Gipfel" einzuladen. Dabei solle geklärt werden, welche Absichten seitens der neuen Teileigentümer bestünden und welche Hilfen das Land dem Unternehmen bzw. den Beschäftigten geben könne, so Steinkellner.

Mit dem Einstieg von Siemens als Hauptaktionär würden der VA Tech erneut die "völlige Übernahme und Filetierung" drohen, so der Präsident der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich, Johann Kalliauer, in einer Aussendung. Die Mitarbeiterbeteiligung müsse so rasch wie möglich realisiert werden. Dem bisherigen Hauptaktionär Mirko Kovats sei es nicht um das Wohl des Unternehmens gegangen, sondern um Gewinnmaximierung. Gelinge es nicht, die VA Tech innerhalb des Konzerns als eigene Unternehmensgruppe zu halten, drohe ein Abbau von Arbeitsplätzen, wo es Überschneidungen mit bestehenden Konzernstrukturen bei Siemens gebe, erklärte Kalliauer: "Oberösterreich wird dann eine der wichtigsten Firmenzentralen verlieren."

Der "überraschende Verkauf" von 17 Prozent der Aktien an Siemens zeige einmal mehr, dass das Unternehmen stabile Verhältnisse brauche, betonte der Landessekretär des ÖGB Oberösterreich, Erich Gumplmaier. Die geforderte Mitarbeiterbeteiligung müsse schnellstens umgesetzt werden, um die Konzernzentrale und Arbeitsplätze in Österreich zu sichern. "Sollte Siemens langfristig anstreben, Teile des Unternehmens zu schließen, um die Konkurrenz auszuschalten, wird der Konzern mit erbittertem Widerstand der Gewerkschaft zu rechnen haben", kündigte Gumplmaier an.

Die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (V) erwartet sich "gesicherte Zukunftsorientierung für unseren Wirtschaftsstandort" von Siemens hinsichtlich der VA Tech-Standorte in Weiz und auch in Graz mit rund 2.000 Mitarbeitern. Ferner erwarte sie sich Zusagen und das Bekenntnis zu einer Standortgarantie für die Steiermark, so die steirische VP-Chefin am Montag.

Klasnic wies darauf hin, dass im Ressort von Wirtschaftslandesrat Gerald Schöpfer (V) im September diesen Jahres eine "Task Force" eingerichtet wurde, an der neben den Verantwortlichen des Wirtschafts- und Finanzressorts, den Sozialpartnern auch Vertreter der LH-Stellvertreter Franz Voves (S) und Leopold Schöggl (F) mitwirken. Ausgehend von dieser Arbeitsgruppe sollen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle erarbeitet werden, damit auch steirische Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, Aktionäre zu sein.

Für den steirischen SPÖ-Landeschef LHStv. Franz Voves hat es den Anschein, dass die Übernahme durch Siemens "bereits voll abgedealt" ist. Bemühungen von VP-Wirtschaftslandesrat Gerald Schöpfer um ein Mitarbeiter-Beteiligungsmodell wertet er als "Heuchelei". Er habe vielmehr die Befürchtung, "dass es überhaupt keine Chance mehr gibt für dieses Projekt". (APA/red)