Kaum zu glauben, welche Metaphern den Sprung ins 21. Jahrhundert schaffen konnten. Unlängst hat uns jemand wortwörtlich seine "bessere Hälfte" vorgestellt. Die so titulierte Frau sah sogleich drein, als fühlte sie sich mit der spannenderen zweiten Halbzeit eines Fußballspieles verglichen, welchem ihr Mann gerade bierbauchnabelfrei beigewohnt hatte.

Seinen so genannten Lebensabschnittspartner als Hälfte von einem Ganzen zu bezeichnen, dessen zweiter Teil man selbst ist, mutet derart unzeitgemäß an, dass es den jeweiligen Lebensabschnitt dramatisch verkürzen könnte. Denn der Sinn der Zweisamkeit besteht darin, dass man sich als mehr als nur einer fühlt, zumindest als eineinhalb, in intensiven Phasen sogar als zwei. Aber doch wohl nie nur als die Hälfte von jenem Ganzen, welches der andere durch sein Beisein um 50 Prozent reduziert.

Auch das Wort "besser" der "besseren Hälfte" ist perfide. Denn seine Partnerin als halb, aber besser zu bezeichnen heißt zugleich, die eigene Hälfte als schlechtere zu betrachten - und auch noch stolz darauf zu sein.

Na ja, der Blick der Frau, die uns so vorgestellt wurde, verriet aber ohnehin, dass die "bessere Hälfte" daheim in die Verlängerung gehen würde. (DER STANDARD, Print, 08.11.2004)