Seit der dramatischen Verschlimmerung von Yassir Arafats Gesundheitszustand Ende letzter Woche waren die Gerüchte um seine Frau Suha noch giftiger geworden, als sie es ohnehin schon waren: Die resolute blonde Dame brauche wohl noch etwas Zeit allein mit ihrem dahindämmernden Gatten, hieß es immer wieder, um ihm Informationen und womöglich Vollmachten über seine fetten Geheimkonten zu entlocken.

Ob sie dabei in Konkurrenz mit Arafats nach Paris geeiltem Finanzguru Mohammed Rashid steht oder ob die beiden im Moment Alliierte sind, die ihre Privatinteressen gegen die Nachfolger des Palästinenserchefs verteidigen, ist dabei schwer zu durchschauen.

Auch Rashid hat offenbar nicht den Überblick über alle verborgenen Schätze – die Summen, die zwischen 1995 und 2000 aus dem Haushalt der Palästinensischen Behörden abgezwackt und an verschiedenen Plätzen in der Welt gelagert worden sein sollen, dürften sich auf mehr als eine Milliarde Dollar belaufen.

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds zufolge, sind allein im Jahre 1999 rund 900 Millionen Dollar verschwunden. Der größte Teil war von einer von Rashid geleiteten Agentur angehäuft worden, die von Tabak- und Zementmonopolen profitiert.

Als nach dem Ausbruch der Intifada Ende 2000 die laufenden Ausgaben, insbesondere für die Gehälter der Polizisten und anderer Beamten, nicht mehr bestritten werden konnten, wurden 119 Millionen Dollar wieder auf die offiziellen Konten zurückgeschaufelt, doch der Rest blieb unauffindbar.

Auf großem Fuß

Ein Teil der Gelder könnte bei der seit mehr als drei Jahren auf großem Fuß in Paris lebenden Suha Arafat gelandet sein. Im Oktober 2003 leitete die französische Justiz wegen Geldwäsche-Verdachts Ermittlungen über dubiose Überweisungen auf Suhas Pariser Konten bei der Arab Bank und der BNP ein – zwischen Juli 2002 und Juli 2003 waren dort neun Millionen Euro eingegangen.

Die separate Finanzgebarung der PLO und der Fatah-Partei, an deren Spitze ebenfalls Arafat steht, ist noch undurchsichtiger als jene der Palästinensischen Behörde.

Immer wieder sind in den letzten Jahren auch Vorwürfe aufgetaucht, wonach insbesondere europäische Hilfsgelder für Terroraktivitäten der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, einer Zweigorganisation der Fatah, verwendet wurden.

Die Kritik wurde so laut, dass OLAF, die Anti-Korruptionsbehörde der EU, eine Untersuchung einleitete. Ein Zwischenergebnis bescheinigte den Palästinensern im August, sie hätten das Geld nicht zur Finanzierung terroristischer oder anderer illegaler Tätigkeiten verwendet. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2004)