Wien – Ein neuer Plan von Finanzminister Karl-Heinz
Grasser erhitzt derzeit die Gemüter. Gut versteckt im 120-Seiten-Dokument des Abgabenänderungsgesetzes 2004,
das nahezu ausschließlich die
Steuerreform umfasst, steht,
dass der Fiskus in Hinkunft
bei Insolvenzen eine bevorrechtete Stellung erhalten
soll. Passiert der Gesetzesvorschlag unverändert den Ministerrat am heutigen Dienstag hätte die Finanz auch keinerlei Anfechtungen des Masseverwalters zu befürchten.
"Interesse des Budgetvollzuges"
Seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz aus dem Jahre 1982 ist der Fiskus aber allen anderen Gläubigern eines
insolventen Unternehmens
gleichgestellt. Das soll auch so
bleiben, fordern Wirtschaftskammer, Kreditschutzverband (KSV) und Steuerexperten wie Karl Bruckner (BDO
Auxilia) nun vehement.
In den Erläuterungen zum
Gesetzesvorhaben verweist
das Finanzministerium auf
ein VfGH-Erkenntnis aus dem
Jahr 1990 und nicht zuletzt auf
das "Interesse des Budgetvollzuges", das es rechtfertige, die
"Erhöhung der Konkursquote
auf Kosten der Allgemeinheit
hintanzuhalten".
Lieferanten blieben auf der Strecke
Bruckner hält diesen Plan
für "sachlich nicht gerechtfertigt". Da Banken ihre Sicherstellungen hätten, Dienstnehmerforderungen durch den Insolvenzentgeltfonds gesichert
wären, blieben bei einer Bevorzugung des Fiskus Lieferanten auf der Strecke.
KSV-Experte Hans-Georg
Kantner spricht von einem
"Kabinettstück", das sich "das
Finanzministerium zulasten
der Gleichheit vor dem Gesetz
und fundamentaler Prinzipien
des Insolvenzverfahrens leisten möchte." Kantner befürchtet, dass demnächst auch Länder und Gemeinden oder die
Gebietskrankenkassen "solche Privilegien begehren".
Konjunkturerholung
Anders als im deutschen
Mittelstand stehen indes die
wirtschaftlichen Zeichen bei
den heimischen Klein- und
Mittelbetrieben auf Erholung.
Nach einer aktuellen Befragung des Wirtschaftsinformationsanbieters Creditreform
unter 1643 Betrieben hat sich
die aktuelle Geschäfts- und
Ertragslage im Vergleich zum
Herbst 2003 deutlich verbessert. Getrübt wird das optimistische Bild durch die in den
ersten neun Monaten des Jahres um zwölf Prozent auf 4543
gestiegene Zahl an Firmeninsolvenzen beziehungsweise
die um 24 Prozentpunkte gestiegenen Fälle von mangels
Masse abgewiesenen Konkursen. Auch der mittelständische Arbeitsmarkt bleibt weiterhin angespannt, sagte Creditreform-Chef Helmut Rödl
bei der Umfragepräsentation. (Michael Bachner, DER STANDARD Print-Ausgabe, 09.11.2004)