New Haven/Wien - Wie Ärzte allerlei Heil bringende Säfte
mittels Injektionsnadeln in den Blutkreislauf eines Patienten
bringen, nutzen auch Bakterien winzige nadelartige Strukturen, wenn
sie andere Zellen angreifen. Dem an der Yale University - School of
Medicine in New Haven (US-Bundesstaat Connecticut) forschenden Österreicher
Thomas Marlovits ist es nun gelungen, die genaue Struktur und den
Aufbau dieser molekularen Injektionsnadeln aufzuklären. Die
Forschungen würden in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift
"Science" (Ausgabe 5. November) veröffentlicht.
Krank machende Bakterien greifen teils massiv in den Stoffwechsel
ihrer Wirte ein. Um etwa Giftstoffe - bakterielle Toxine - in
Körperzellen einzuschleusen, verwenden sie nadelartige Strukturen,
die in ihrer eigenen Zellhaut verankert sind. Es handelt sich dabei
um so genannte "Typ III Sekretionssysteme", die man durchaus auch als
Nanomaschinen bezeichnen kann, teile der Wissenschafter mit.
Beispiel Salmonella
typhimurium
Marlovits nahm bei seinen Studien das Bakterium Salmonella
typhimurium - einer der Erreger von Salmonellosen - unter die Lupe.
Die Injektionseinheiten setzen sich im Detail aus 200
Polypeptidketten (Eiweißstoffen) zusammen und bestehen - wie auch
eine medizinische Injektionnadel - aus einer breiteren Basis, die in
der Bakterienhülle verankert ist und einem dünnen, hohlen
Nadelkomplex.
Mit diesem Nadelteil werden fremde Zellen effektiv angestochen und
etwa der Stoffwechsel zu Gunsten der Mikroorganismen verändert. Die
winzigen Nadel erheben sich rund 50 Nanometer (ein Nanometer ist der
millionste Teil eines Millimeters) über die Oberfläche der
Bakterienhaut.
Forschungsziel
Durch die Aufklärung der genauen Struktur der bakteriellen Nadeln
erhoffen sich die Wissenschafter einerseits bessere Medikamente gegen
die Erreger. Gerade Salmonella typhimurium zählt zu den Keimen, die
bereits gegen viele herkömmliche Antibiotika resistent sind. "Wir
möchten aber noch einen Schritt weiter von Nanobiologie in Richtung
Nanobiotechnologie gehen und dieses System in Zukunft auch dafür
verwenden, um neue Medikamente zielgerichtet in kranke Zellen und
damit Gewebe von Patienten zu transportieren und somit eine Vielzahl
von Krankheiten, wie Krebs oder neurodegenerative Krankheiten
effizienter zu behandeln", so Marlovits. (APA)