Wien - "Lebens-Geschichte", "Oral history" oder "Geschichte von unten" sind zur Zeit aktuelle Trends in der Geschichtsforschung. Im Mittelpunkt stehen dabei zumeist nicht "bedeutende" Persönlichkeiten, sondern die so genannten "einfachen Leute". Über die Analyse von Biografien oder Interviews versuchen Wissenschafter mehr über die Lebensumstände in früheren Zeiten in Erfahrung zu bringen. In dem von der ehemaligen Seniorenreferentin der Österreichischen Hochschülerschaft, Herta Spitaler, und der Historikerin Verena Krawarik herausgegebenen Buch "Mutter, der Himmel brennt" erinnern sich nun Seniorenstudenten an das Kriegsende 1945 und die Nachkriegszeit - gleichzeitig widmen sich WissenschafterInnen grundsätzlich den Themen "Autobiografisches Erinnern" und "Erinnerungsarbeit älterer Generationen".

Die Idee zu dem Buch entstand, als sich 2001 Seniorenstudierende an der Universität Wien in den Räumlichkeiten der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) versammelten und ein gemeinsames Projekt in Angriff nehmen wollten. Gewählt wurde nach längeren Diskussionen das als einziges alle verbindende Thema "Kriegsende 1945", mit dem sich die Senioren in autobigrafischen Texten auseinander setzen sollten. Einige gingen zusätzlich in Seniorenheime, um sich dort von noch Älteren deren Geschichten erzählen zu lassen. Anschließend wurde über die betreffende Zeit und die Beiträge noch einmal in der Gruppe diskutiert.

Erinnerungen von 18 Personen

Der nun vorliegende Band enthält die Erinnerungen von 18 Personen, die das Kriegsende in verschiedenen Regionen Europas und den USA erlebt haben. Sie waren zum Teil noch Kinder bzw. Jugendliche und junge Erwachsene, dementsprechend unterschiedlich sind die Erfahrungen jedes einzelnen. Umrahmt werden die Berichte von zwei wissenschaftlichen Beiträgen.

So nimmt im ersten Teil des Buchs der Historiker und ehemalige Leiter der Bibliothek für Zeitgeschichte, Peter Malina, die Themen "Autobiografisches Erinnern" und "Kindheit und Krieg" wissenschaftlich unter die Lupe. Dabei analysiert er, wie das Schicksal der damaligen Kriegskinder mit jenem der Eltern verbunden waren und welche Strategien den Jugendlichen offen standen, um das Erlebte zu verarbeiten.

Nach den Aufzeichnungen und Interviews der Seniorenstudenten geht der Biografie-Forscher und Lektor für Geschichte und Erwachsenenbildung an der Universität Innsbruck, Heinz Blaumeiser, auf das Thema "Erinnerungsarbeit älterer Generationen" ein. Dabei zeigt er Möglichkeiten auf, wie sich Wissenschafter und Erwachsenenbildner diesem Bereich ernsthaft nähern sollen, und wie auch "Nicht-Profis" mit ihrer Erinnerungsarbeit beginnen können. (APA)