In der dahinsiechenden Gesundheitspolitik setzt die Regierung nun auf Kälte als Therapieansatz. Einfrieren ist angesagt. Die Arbeiterkammer-Umlage, also der gesetzlich vorgeschriebene Lohnanteil, der an diese Interessenvertretung geht, soll "eingefroren" werden. Bis auf Weiteres. Dieser Vorschlag ist unverschämt und hinterhältig. Unverschämt, weil er die Beitragszahler für dumm verkauft. Ihnen wird suggeriert, sie würden das Gesundheitssystem finanziell retten, indem von ihrem Geld weniger an die Arbeiterkammer und etwas mehr an die Sozialversicherung geht. Und hinterhältig, weil dieser Kälteschock die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachdrücklich schwächt, indem die AK finanziell unter Druck gesetzt wird. Die Versicherten sollen allen Ernstes ihre eigene Schlechterstellung selbst finanzieren. Diese Junktimierung der Gesundheitsreform mit der AK-Umlage ist sachlich völlig unbegründet. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Anderenfalls wäre zu fragen, warum nicht auch ein Teil der Wirtschaftskammerumlage dem Gesundheitssystem zukommen soll. Von der Senkung dieser Umlage haben die Unternehmer zumindest finanziell etwas gespürt. Für die Arbeitnehmer soll das nicht gelten?! Sie müssen weiter die volle Länge zahlen. Warum eigentlich? Weil es um alte politische Rechnungen geht, für die die aufmüpfige AK büßen soll. Verantwortungsvolle Ärzte wissen, dass bei der Kältetherapie die Minusgrade je nach Dauer der Anwendung Haut, darunter liegendes Gewebe, Muskeln oder Gelenke erreichen - und irreparabel schädigen können, wenn es zu lange eiskalt ist. Wenn die Regierung die AK-Umlage wirklich unbefristet einfriert, dann müssen sich die Arbeitnehmer auf schmerzhafte Frostbeulen einstellen. Ohne Garantie auf ärztliche Hilfe. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.11.2004)