Wien - Superschwergewichtfans aus ganz Europa fiebern seit Tagen der Ankunft eines 400 Tonnen schweren, dreißig Meter langen und neun Meter hohen Monstrums im Alberner Hafen in Wien entgegen. Dass es sich dabei um einen Gasphasenreaktor für die Kunststofferzeugerfirma Borealis in Schwechat handelt, ist Freunden des Schwertransports egal. Für sie gilt: Der Weg ist das Ziel. Nach mehreren Verzögerungen soll der Endspurt ab Montag stattfinden.

Der bisher größte Schwertransport auf Österreichs Straßen bringt in etwa das gleiche Gewicht auf die Waage wie 100 asiatische Elefanten oder 22 Jagdpanzer Kürassier oder 266 VW-Golf. Mit der Beförderung von Belgien nach Wien ist die Welser Unternehmensgruppe Felbermayr beauftragt. "Ingenieure tüftelten zwei Jahre", erklärt Felbermayr-Sprecher Markus Lackner.

Die bisherigen Stationen: Am 19. Oktober verließ die Rekordröhre ihren Geburtsort Willebroek in Belgien Richtung Rotterdam in den Niederlanden. Dort wurde das Ding zwei Tage später auf einen Schubleichter verladen, der seither auf dem Wasserweg nach Wien unterwegs ist.

Ballast gebunkert

Inzwischen hat "Mister Big" bereits mehr als eine Woche Verspätung. Auf dem Main und Main-Donau-Kanal musste das Transportschiff immer wieder bis zu 3500 Tonnen Ballast bunkern, um den Tiefgang zu erreichen, der zum Passieren von niedrigen Brücken notwendig war. Seit Tagen wird der Tross bei Regensburg aufgehalten, weil die Donau um zwanzig Zentimeter zu seicht ist.

Egal, wann der Schwertransport ankommt, auf dem letzten Stück zu Lande wird nichts dem Zufall überlassen. Ein riesiger Kran soll den Reaktor auf einen Tieflader heben, dessen 24 Achsen einzeln lenkbar sind. Für die folgende Fahrt im Schneckentempo müssen störende Verkehrsschilder abmontiert werden, eine Brücke über die Schwechat wird mit Feststellpressen verstärkt.

Abkürzung Sogar eine eigene Abkürzung wurde gebaut: eine 225 Meter lange Straße von der Landstraße 2064 zur Flughafenautobahn (A4). Da dort aber keine Auffahrt existiert, muss ein Kran die Röhre über eine fünf Meter hohe Schallschutzmauer heben. Deshalb wird die A4 voraussichtlich am Sonntag, 21. November, ab Mitternacht für drei bis vier Stunden komplett gesperrt.

Drei Tage später soll der Reaktor sein Zeil erreichen. Für kurze Zeit wird die 400-Tonnen-Röhre dann am Haken eines doppelt so schweren Raupenkrans hängen, bevor sie endlich auf ihrem 19 Meter hohen Betonpodest landet. (DER STANDARD, Printausgabe 10.11.2004)