Eigentlich reiste Oliver Castendyk nach Wien, um sein Gutachten zur neuen Richtlinie des TV-Filmförderungsfonds (FFFF) zu präsentieren. Im Großen und Ganzen "modern und fortschrittlich", resümiert der Potsdamer Jurist den 2004 eingerichteten und aus Bundesmitteln dotierten Fonds. Aber: "Sehr vieles spricht dafür, dass der ORF eine marktbeherrschende Stellung einnimmt", analysiert Castendyk, deshalb müsse man sich genau überlegen, wie man dem Ziel des Fonds näher käme. Dieses Ziel fasst der Chef der Rundfunkbehörde RTR, Alfred Grinschgl, in klare Worte: "Die Stärkung der Filmwirtschaft und des Medienstandortes Österreich." Heißt übersetzt: Gefördert sollen vor allem Fernsehfilmproduzenten werden.

Tödliche Umarmung

Einer, der sich da angesprochen fühlt, eben weil er nicht angesprochen wird, ist der ORF: "Das ist Unsinn", schimpft ORF-Direktor Alexander Wrabetz gegenüber dem STANDARD. "Wir erhalten praktisch zur Gänze die österreichische Filmwirtschaft direkt oder indirekt. Nimmt man uns Geld, nimmt man es letztlich auch der Filmwirtschaft."

Die neue FFFF-Richtlinie soll im nächsten Jahr adaptiert werden, Castendyk erstellte besagtes Gutachten. Konkret geht es um die Loslösung dieser Art der tödlichen Umarmung durch den ORF: Mit den neuen Vorschriften soll der österreichische TV-Filmmarkt unter anderem auch auslän- dischen Koproduzenten schmackhaft gemacht werden.

Kritische Punkte

Weiterer kritischer Punkt ist der so genannte Rechterückfall. Gemeint ist die noch nicht übliche Praxis, dass nach einem bestimmten Zeitraum die Rechte an der Produktion vom Sender wieder an die Produzenten gehen. Auch hier will die RTR justieren. Interesse sei von allen Seiten vorhanden, weiß Grinschgl: "In Österreich produzierte Filme sind erfolgreich." (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 11.11.2004)