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Glawischnig: "Ich bin schockiert, dass so etwas möglich ist."

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Innenminister Strasser setzt sich gegen die Vorwürfe der Grünen zur Wehr.

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Wien - Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts gegen die prominenten Asyl-Anwälte Georg Bürstmayr und Nadja Lorenz stehen im Mittelpunkt einer Dringlichen Anfrage der Grünen an Innenminister Ernst Strasser (V), die heute Nachmittag im Nationalrat debattiert wurde. Für die Grünen liegt der Verdacht nahe, dass die beiden Juristen durch eine "konzertierte Kampagne diverser Straftaten beschuldigt und angeschwärzt hätten werden sollen". Nun wollen die stellvertretende Klubobfrau Eva Glawischnig und ihre Kollegen von Strasser wissen, in wie weit er selbst in diese Ermittlungen involviert war.

Im 36 Punkte umfassenden Fragenkatalog wird detailliert hinterfragt, wann genau der Minister von den Ermittlungen erfahren habe bzw. ob sein Kabinett die entsprechenden Untersuchungen angeordnet habe. Auch wollen die Grünen erfahren, warum Strasser gerade die Wiederbestellung Bürstmayrs als Kommissionsvorsitzender im Menschenrechtsbeirat zu verhindern trachtet. Nahe gelegt wird in der entsprechenden Frage, dass dies wohl damit zusammenhängen könnte, dass der Anwalt beim Anfechtungsantrag gegen das Asylgesetz beteiligt war.

Verschärfte Fragen

Aber nicht nur die Ermittlungen gegen die beiden Beamten stoßen den Grünen sauer auf. Sie hinterfragten auch, warum der Minister eine nochmalige Verschärfung des Asylgesetzes angekündigt hat, obwohl gemäß Urteil des Verfassungsgerichtshofs das Gesetz entschärft werden müsse. Zusätzlich wird Strasser unterstellt, mit öffentlichen Aussagen gegen Asylwerber Stimmung zu machen.

Außerdem kritisierten die Grünen die Angriffe des Ministers auf die Berufungsinstanz im Asylverfahren, den Unabhängigen Bundesasylsenat als "unerträglich". Hinterfragt wurde, warum Strasser sich weigere, dem UBAS eine entsprechende personelle Ausstattung zuzugestehen. Schließlich wollten die Grünen noch wissen, ob der Minister nun bereit sei, die Privatisierung der Zivildienstverwaltung zurückzunehmen, wie dies der VfGH gefordert hatte.

Strasser weist Vorwürfe zurück

Innenminister Ernst Strasser (V) hat die gegen ihn gerichteten Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Der Ressortchef betonte, nicht persönlich in die Ermittlungen gegen die Asylanwälte Georg Bürstmayr und Nadja Lorenz involviert gewesen zu sein und versprach, Asyl- und Zivildienstgesetz verfassungskonform zu reparieren.

Davor hatte die stellvertretende Grünen-Chefin Eva Glawischnig in der Begründung der Anfrage gemeint, sie habe den Eindruck, dass Strasser seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen sei.

Strasser wiederum warf den Grünen vor, mit unterschiedlichen Maßstäben zu messen. Wären dem Innenministerium Informationen über den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) zugekommen, hätten sie selbstverständlich verlangt, dass diese weitergegeben werden. Genau so habe das Ministerbüro standardmäßig bei den Asylanwälten gehandelt, als entsprechende Texte eingetroffen seien: "Alle Menschen in Österreich sind gleich".

"Am Rande"

Er selbst habe nur am Rande von den Ermittlungen erfahren und sich nicht eingebracht. Es handle sich dabei um eine Sache des Bundeskriminalamts und er habe mit voller Absicht keine Berichtspflicht eingeführt.

Dass er Bürstmayr nicht als Vorsitzenden einer Kommission des Menschenrechtsbeirats wiederbestellen will, hat laut Strasser nichts mit dessen Tätigkeit als Anwalt zu tun. Vielmehr hätte sich eine "praktisch gleichwertige Kandidatin" präsentiert. Und in solchen Situationen pflege er, den weiblichen Kandidaten den Vorzug zu geben.

Aufrecht hielt Strasser die Kritik an der (unabhängigen) Berufungsinstanz im Asylverfahren, dem Bundesasylsenat. Hier wäre eine weitere Steigerung der Erledigungen notwendig, die aber nicht absehbar sei. Jedoch wäre genau dies die Voraussetzung dafür, dass der Behörde weiteres Personal gewährt werde.

"Servicequalität"

Auch bei der Ausgliederung des Zivildienstes will Strasser den Spruch der Höchstrichter respektieren: "Wir werden eine Lösung finden, die verfassungskonform ist." Allerdings werde er alles dazu tun, dass die hohe Servicequalität bestehen bleibe.

Glawischnig hatte Strasser vor dessen Rede gefragt, was mit ihm los sei. Zu Beginn seiner Tätigkeit habe man ihn doch noch sehr korrekt erlebt: "Seitdem beobachte ich ein ständiges Gehen nach rechts." Und gerade bei einem derart heiklen Bereich wie dem Inneren habe sie mittlerweile den Eindruck, dass der Minister seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen sei.

Glawischnig findet Innenminister-Aussagen "haarsträubend"

Im Zusammenhang mit den (bereits eingestellten) Ermittlungen gegen die Asylanwälte ortete die Grünen-Vize den Verdacht politisch motivierter Verfolgung: "Müssen sich die 'Mütter gegen die Atomgefahren' künftig dafür fürchten, dass auch ihr Leben durchforstet wird." Im Zusammenhang mit der Weigerung Strassers, Bürstmayr im Menschenrechtsbeirat wiederzubestellen, vermutete Glawischnig, dass der Ressortchef kritikunfähig sei: "Bestellen Sie ihn vielleicht nicht, weil er Ihnen lästig ist?"

Auch der Umgang Strassers mit dem VfGH gefällt den Grünen nicht. Wenn der Minister den VfGH dafür kritisiere, dass dieser ein nicht verfassungskonformes Gesetz aufhebe, dann gehe er unter der Devise "Haltet den Dieb" vor: "Ich sage Ihnen, das ist haarsträubend."

Stoisits wirft Strasser "übelste Behinderung" vor

Die Grüne Justizsprecherin Terezija Stoists warf Strasser vor, "spöttisch" zu agieren und den Rechtsstaat nicht ernst zu nehmen. In den Aussagen von Strasser gebe es zahlreiche Widersprüche. Immerhin sei der Innenminister der oberste Chef des Bundeskriminalamts und habe erklärt, er kenne die Akten nicht. Stoisits meinte, dass die Strasser unterstellten Ermittlungsbehörden "routinemäßig die Anwaltstätigkeit brutal behindern", dies sei "übelste Beeinflussung und Behinderung", empörte sich die Grün-Abgeordnete.

Fekter: "Künstliche Aufgeregtheit"

ÖVP-Justizsprecherin Maria Theresia Fekter warf Stoisits "künstliche Aufgeregtheit" vor. Es sei keineswegs Missachtung des Rechtsstaates, wenn bei Verdachtsmomenten auf ein Delikt eine amtswegige Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft ergehe. Es sei sogar eine Pflicht, das zu tun. "Oder wollen Sie, dass Verdachtsmomente im Ministerbüro verschwinden und der Minister eine amtswegige Ermittlung niederschlägt?", so Fekter.

Und immerhin habe es sich um das Delikt der Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz gehandelt, wenn aufgerufen werde, private Wohnungsinhaber zu suchen, die bereit sind, Flüchtlinge für ein paar Wochen vor den Behörden zu verbergen, um sie vor der Abschiebung zu schützen.

Die Grünen hätten offenbar ein "ziemlich selektives rechtsstaatliches Verständnis". Auch der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz habe schon mehrmals Sachverhaltsdarstellungen übermittelt. "Pilz darf, aber die Sicherheitsbehörden offenbar nicht", kritiserte Fekter.

Der SPÖ-Menschenrechtssprecher Walter Posch wiederum warf Strasser vor, "permanent die Behörden unter Druck zu setzen". Posch führte den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) an, bei dem die personelle Ausstattung nicht ausreichend sei. Ausgegangen sei man beim UBAS von 5.000 Fällen jährlich: "Inzwischen sind wir bei 12.000 Fällen gelandet".

Was Bürstmayr betrifft, so sei die Entscheidung des Innenministers ein "schwerer Affront gegen den Menschenrechtsbeirat". Posch: "Der Beirat wurde desavouiert". Außerdem warf er dem Minister dessen Verhältnis zum Grundrechtsverständnis vor. Mit den vom VfGH aufgehobenen Gesetzen wie Zivildienstgesetz, Personalvertretungsgesetz, Asylgesetz oder Sicherheitspolizeigesetz "haben Sie in fünf Jahren gezeigt, dass die Wahrung der Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit für Sie nicht unbedingt die oberste Maxime Ihres Lebens sind".

"Leute ohne Vorurteile"

FPÖ-Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pable verteidigte den Innenminister. Strasser solle nur in ein schlechtes Licht gebracht werden. Zu Bürstmayr merkte sie an, niemand habe das "lebenslängliche Recht", im Menschenrechtsbeirat vertreten zu sein. "Der Innenminister hat das Recht, Personen in den Menschenrechtsbeirat zu bestimmen". Es wäre auch überlegenswert, "dort Leute ohne Vorurteile in eine bestimmte Richtung" zu entsenden, wobei Partik-Pable meinte, sie habe den Eindruck, dass NGOs oder SOS Mitmensch "gar nicht in den Beirat hinein gehören" (APA)