Wien - Wer Caritas-Präsident Franz Küberl um eine Einschätzung der Politik von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) bittet, hört vor allem eine Klage: "Strassers Grundproblem ist, dass er im Zweifel die Konfrontation statt der Kooperation sucht." Beispiele dafür gebe es viele, fast immer werde bis zum obersten Gerichtshof gegangen. So hab der Verfassungsgerichtshofes jüngst teile des Asylgesetzes auf.

Wobei, so Küberl, Strasser das "Potenzial zu einem besseren Innenminister" hätte. Als Pluspunkt führt er etwa die Bund-Länder-Vereinbarung (15a-Vereinbarung) zur Betreuung von Flüchtlingen an. "Das ist das Beste, was er zusammengebracht hat", findet Küberl, um aber gleich das Lob etwas zurückzunehmen: "Dass Strasser sich dann von manchen Landeshauptleuten unter Druck setzen lässt, muss er mit sich selbst ausmachen." Zu tun gebe es im Flüchtlingsbereich noch vieles. Als vordringlich bezeichnet Küberl die Verbesserung und damit Beschleunigung der Asylverfahren.

Philipp Sonderegger, Sprecher von SOS-Mitmensch, geht mit Strasser härter ins Gericht. Neben einem "verqueren Rechtsschutzverständnis" wirft er ihm vor, "keinerlei Managementqualitäten" zu besitzen. Der von Sonderegger geforderte Neuanfang in der Asylpolitik solle daher ohne Strasser vonstatten gehen, da für diesen die Durchsetzung politischer Interessen anscheinend wichtiger sei als jene der Menschenrechte. Das Asylgesetz habe Strasser durchgeboxt, obwohl es von den Experten zerpflückt worden war. Der Druck, den Strasser auf Kritiker - etwa im Fall der Asylanwälte Nadja Lorenz und Georg Bürstmayr - ausübe, sei auch von einer "neuen Qualität". (juh, pm/DER STANDARD, Printausgabe, 11.11.2004)