Da ich, liebe Leserinnen und Leser, wieder einmal nicht die geringste Veranlassung habe, über Sex zu schreiben, da also das Gute, Schöne und Wahre sich hartnäckig von mir fern hält, heute ein paar Worte über das Gegenteil: über das Böse. Das Böse ist ja so uninteressant nicht. Leider gibt es so viel davon, so dass man kaum weiß, wo man anfangen soll. Besonders böse scheint es ja gerade in Amerika zu laufen, vergangene Woche waren alle Freunde bedrückt, weil das Böse dort gewonnen zu haben scheint, und man weiß ja nun nicht, wer demnächst dran ist mit Bombardiertwerden. Der Sieg des Bösen hat zu einem Börsenhoch in Australien geführt, entnahm ich derstandard.at , Grund genug, ein Bömbchen rüberzuschicken, und da schwebt über uns schon wieder diese böse Verwechslungsgefahr mit Australia und Austria. Klingt ja fast so ähnlich wie Böse und Börse.

Die österreichische Börse braucht zum Glück keine Hausse, denn da sitzt ein florierendes Blumengeschäft, das Fleisch fressende Pflanzen verkauft. Es ist ja Mode heute unter Gutmenschen, Vegetarier zu sein, und das Fleischfressen delegiert man an böse Pflanzen. Leider beginnt jetzt für unsere Venus-Fliegenfalle eine böse Zeit, denn die bösen Fliegen haben sich in den Winterschlaf verkrümelt, ignorieren den Kreislauf des Lebens, und die sexy Pflanze kümmert wie ich. Ich ahne natürlich, warum ich so freudlos vor mich hinvegetiere: Ich Geizhals habe immer noch nicht die Helmut-Lang-Schuhe mit dem schwarzen Puschel gekauft. Mit Schuhgröße 35 1/2 ist man nämlich bedenkenlos leichtsinnig. Diese Schuhe in 35 1/2 werden noch bis zum Schlussverkauf auf mich warten, denke ich berechnend und nicht im Mindesten interessiert, die Wirtschaft zu regulären Preisen anzukurbeln. Das sollen die Bösen für mich tun.

Besonders weit oben auf meiner "Best at Böse"-Liste steht derzeit die Kunst. Nicht nur in der Wiener Kunsthalle. Auch wegen der vielen bösen Menschen, die Kunst hamstern wie der Herr Flick in Berlin. Das Geld, von dem er die Bruce Naumanns gekauft hat - alles den Hacklern abgesaugt. Den jetzigen, und nicht nur den historischen. Pfui. Auch wegen der Umweltverschmutzung ist die Kunst ein führender Bösewicht. Sollte ich noch einmal auf die Welt kommen, vertändle ich nicht meine Zeit mit Parerga und Paralipomena, sondern gründe eine Kunstspedition. Die Schleifmühlgasse ist tagtäglich verstopft von LKWs verschiedenster Kunstspeditionen, die Kunstwerke auf Tournee bringen und vermutlich mehr Barrels an Rohöl verbrauchen als die gesamte chinesische Volkswirtschaft. Seit Schengen ist Völkerwanderung out, und Kunstwanderung ist in. Voll fahren die LKWs weg, voll kommen sie wieder zurück. Dazwischen akkumulieren sie Mehrwert in der Größenordnung von Rohölbarrels. Das kann echt böse teuer werden. Ihre Cosima Reif , Zufallskolumnistin (Der Standard/rondo/12/11/2004)