Wiener Neustadt - Buchwochen - das sind jene Tage, in denen die Buchhändler darauf hinzuweisen versuchen, dass sie noch da sind - Buchwochen können wahre Orchideen sein, die zu studieren einem jeden und einer jeden nur ans Herz gelegt werden kann. Vor allem dann, wenn es da und dort gelingt, dass die Literatur vom Papier herunter mitten ins Leben steigt. Oder in den Tod, denn auch der - oder gerade der - ist ja das Thema der Literatur.

In Wiener Neustadt haben sie am Donnerstag, da sie im nahen Burgenland Martini zelebrieren, zu so einer Orchideenveranstaltung geladen, die sich den ganzen Tag hinzieht. Ausgegangen ist die Sache von der Aktion Mitmensch, ausgewählt wurden Mitmenschen, die auch im europäischen Kontext höchste Brisanz umgibt.

Stefan Horvath liest

Schon am Vormittag ist die Volkshochschule der burgenländischen Roma am BORG in der Herzog-Leopold-Straße. Stefan Horvath liest aus seinem im Vorjahr erschienen Buch "Ich war nicht in Auschwitz", in dem er die Morde an vier jungen Oberwarter Roma im Februar 1995, unter ihnen befand sich auch sein Sohn, verarbeitet.

Gleichzeitig zeigt die Oberwarter Roma-Volkshochschule die als Wanderausstellung und Unterrichtsmittel konzipierte Schau "Roma 2000", die über die Entwicklung der so sehr aus dem Blickfeld gerückten Volksgruppe informiert, sodass sich insgesamt eine lebhafte - orchideenhafte - Diskussion mit Schülern und Lehrern ergeben sollte. Das jedenfalls ist die Intention der Initiatoren.

Am Abend lädt man dann aus demselben Grund die ganze Stadt ins pädagogische Orchideenhaus. Um 19.30 Uhr liest Stefan Horvath, diesmal auch für die großen Neustädter. Und so wie bei den Schülern am Vormittag wird er nicht nur den Autor geben, sondern auch - oder vor allem - den Zeitzeugen. Und zwar auch den für all jene, die im Februar 1995 selbst schon schauen konnten. (wei, DER STANDARD Printausgabe 11.11.2004)