Auf irgendwen würde der nach frischem Geld für das Gesundheitswesen Ausschau haltende Blick der Regierenden begehrlich fallen. So viel war von Anfang an klar. Zuletzt waren die Chancen der Arbeiterkammer hoch, für das Gesundheitspaket herhalten zu müssen. Aber auch das war nur eine Umschreibung dafür, dass die Arbeitnehmer, also die Beitragszahler, zur Kasse gebeten würden. Am Schluss hat es jetzt die Brillenträger erwischt. Sie waren die Tauschmasse, mit der die FPÖ wieder ins Boot geholt werden konnte. Die Koalitionsparteien haben sich nach zweiwöchigem Schaukampf darauf geeinigt, die Rezeptgebühr leicht zu erhöhen und den Zuschuss zu Sehbehelfen stark einzuschränken. Und alle in der Regierung feiern die schwarz-blaue Einigung überschwänglich.

Nun, der Koalitionsfriede wurde mit Ach und Weh wieder hergestellt. Immerhin reichte ein Minimaleingriff am Finanzausgleichsvorschlag, um das Ja der Freiheitlichen zu bekommen, weil sie ihr Gesicht wahren können. Die FPÖ nennt die von ihr erbittert bekämpfte Rezeptgebührenerhöhung jetzt "Valorisierung" auf Höhe der Inflation und ist hoch zufrieden. Leistungskürzungen verursachen offenbar weniger Beschwerden.

Eine besonders schiefe Optik hinterlässt aber die Tatsache, dass völlig unbegründet und ohne Not (oder vielleicht auf Druck der Pharmaindustrie?) auf die ursprünglich geplante Senkung der Rezeptgebühr für kostengünstigere Generika verzichtet wurde. Genau das wäre nämlich ein wichtiger Strukturanreiz gewesen, der den maroden Krankenkassen viel Geld für Arzneimittel sparen geholfen und die Patienten tatsächlich entlastet hätte. Aber Patientenentlastung war offenkundig nicht vorrangiges Prinzip der schwarz-blauen Verhandler. Sie holten sich das Geld dort, wo es am einfachsten zu holen ist: beim Bürger. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2004)