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Mittels Brain-Computer-Interface kann ein Gelähmter wieder greifen. Das System wurde nun implantierbar gemacht.

Foto: APA/G.R. MUELLER DPMI-2003
Pasadena/Wien - US-Wissenschafter am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena katapultieren mit ihrer jüngsten Entwicklung das Brain-Computer-Interface auf eine Ebene, die bisher nur aus der Sciencefiction bekannt war: Nicht nur, dass sie ins Gehirn implantierbare Mikrochips entwickelt haben, die Gedanken von Gelähmten lesen und deren Inhalte etwa an die Hände der Betroffenen weiterleiten - die dann auch zugreifen. Die Forscher haben diese elektronischen Winzlinge laut "New Scientist" sogar als bewegliche Roboter konstruiert, die selbstständig zu jenen Gehirnzellen wandern, von denen die stärksten Signale ausgehen.

Dass völlig gelähmte Menschen durch konzentriertes Denken wieder Arme, Hände und Finger bewegen können, haben im Vorjahr österreichische Forscher unter Leitung von Gert Pfurtscheller, Vorstand des Instituts für Elektro-und Biomedizinische Technik der Grazer Uni, weltweit zum ersten Mal bewiesen - DER STANDARD berichtete. Grundlage dafür war ein Brain-Computer-Interface, bei dem durch die Denkarbeit in den Nervenzellen freigesetzte elektrische Impulse über eine Computerschnittstelle verstärkt und an die Muskeln weitergegeben werden. Die Hirnströme wurden dabei von Elektroden am Kopf des gelähmten Mannes gemessen (siehe Foto).

Um das System praktischer zu machen, entwickelten die Caltech-Neurotechniker Joel Burdick und Richard Andersen implantierbare Minielektroden. Das und auch die Verpflanzung der Stromabnehmer ins Hirn von Labortieren war kein großes Problem. Allein: Die implantierten Chips funktionierten nach wenigen Monaten nicht mehr. Weil angezapfte Nervenzellen abstarben, Blutdruckschwankungen die Chips verschoben oder Gewebe die Elektroden umwucherte und Signale dämpfte.

Strom aus Kristall

Also entwickelten sie ein bewegliches Chipsystem: Im Schädel wird ein Kontrollkasten angebracht, der piezoelektrische Motoren verwendet (solche holen sich ihren Strom aus einem besonderen Kristall, der auf Druckunterschiede mit elektrischer Spannung reagiert), um damit vier Elektroden zu bewegen.

Um das Autonome Mikrolaufwerk, wie es genannt wird, in Gang zu setzen, reiche ein Hirnscan der betroffenen Region mittels Kernspintomographie. Werde der Kontrollkasten mit diesen Daten gefüttert, machten sich die Elektroden selbstständig auf den Weg zu jenen Nervenzellen, von denen die stärksten Signale ausgehen. Bei Ratten wurden derart bereits motorische Reize weitergeleitet, bei Schimpansen sogar intentionale. In einem Jahr soll ein solches Gerät mit 100 Elektronen erstmals einem gelähmten Menschen implantiert werden - der soll kraft seiner Gedanken einen Computercursor steuern, im WWW surfen können. (DER STANDARD, Print, 12.11.2004)