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Enrico Mentana

Foto: AP/SAMBUCETTI
Die Mailänder Mediengesellschaft Mediaset trennt sich von Enrico Mentana, Chefredakteur von TG5, der erfolgreichsten Nachrichtensendung der drei privaten TV-Kanäle unter Kontrolle des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Seit 13 Jahren leitete Mentana die Nachrichtensendung, die er gegründet und mit der er das Monopol der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt RAI im News-Bereich gebrochen hatte. "Die Mediaset-Spitze will mich auswechseln. Es tut mir sehr leid. TG5 hat stets für politische Ausgewogenheit gesorgt, ich hoffe, dass dies auch so bleiben wird", so Mentana in einer Abschiedsrede, die am Donnerstag zum Schluss der Nachrichten um 20.30 Uhr live gesendet wurde.

Konkurrenz um Quote

Mit seinem TG5 war es dem 49-jährigen Mentana in zäher journalistischer Aufbauarbeit gelungen, die Einschaltziffern des stärksten staatlichen Nachrichtenprogramms TG1 zu erreichen, mit dem er in ständigem Konkurrenzkampf stand. Mentanas Erfolg lag in seiner journalistischen Unabhängigkeit, die er sich trotz der Besitzverhältnisse in seinem Sender bewahren konnte. "Politische Unabhängigkeit ist unsere Visitenkarte", pflegte der gelockte Mentana zu sagen, der selbst oft die Nachrichten moderierte.

Der aus Mailand stammende Mentana wird als Manager im Mediaset-Konzern bleiben. "Ich werde weiterhin dafür sorgen, dass die Politik das Nachrichtenprogramm nicht beeinflusst", betonte der Starjournalist. In einem Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Freitag-Ausgabe) sagte Mentana, dass er 13 Jahre lang ein freies Nachrichtenprogramm geleitet habe. Auf diese Weise habe er sich mehrere prominente Persönlichkeiten zum Feind gemacht. "Seit drei Jahren wollten sie meinen Kopf", betonte Mentana.

Carlo Rossella folgt nach

An seiner Stelle rückt der Chefredakteur des Berlusconi eigenen Nachrichtenmagazins "Panorama", Carlo Rossella zur neuen Nummer Ein des in Rom gesendeten TG 5 auf. Rossella, Ex-Chefredakteur der Turiner Tageszeitung ?La Stampa?, hatte in den vergangenen Jahren auch die Führung des RAI-Nachrichtenprogramms TG1 übernommen.

Mentanas Abgang löste erzürnte Reaktionen in der italienischen Opposition aus. Sie beschuldigte Berlusconi, eine unabhängige Stimme zum Schweigen zu bringen und die TV-Information ganz monopolisieren zu wollen. Berlusconi kontrolliert drei private Sender der Mediaset-Gruppe. Hinzu schleuste der Ministerpräsident zahlreiche Vertrauensmänner in Spitzenpositionen des Staatsfernsehens RAI. Unter diesen Bedingungen seien die Unabhängigkeit und der Pluralismus der audiovisuellen Information in Italien stark gefährdet, bemängelte die Opposition.

"Beispiellose" Medienkonzentration

Mediaset and RAI kontrollieren zusammen 90 Prozent des italienischen TV-Markts. Berlusconis Familie besitzt auch eine der größten Verlagsgruppen in Italien. "Eine derartige Medienkonzentration in den Händen einer einzigen Person ist beispiellos", kritisierten Oppositionsvertreter. Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition hatte im vergangenen Jahr ein Gesetz zur Lösung der Interessenskonflikte im Medienbereich verabschiedet, das von der Opposition jedoch als unzulänglich kritisiert wurde. (APA)