Nur logisch, dass Großbritanniens Premier Tony Blair bei US-Präsident George Bush als erster europäischer Gratulant auftritt: Er ist der treueste Verbündete, und die US-Regierung gönnt ihm bestimmt gerne, dass er sich in der Sonne ihres großen Sieges ein bisschen wärmt. Das wird ihm gut tun, ausreichen kann es ihm aber nicht. Der Labour-Premier steht besonders zu Hause unter Druck zu zeigen, dass sein mächtiger konservativer Freund in Washington noch für etwas anderes steht als für Brachiales. Aber auch viele andere EU-Länder haben Augen und Ohren aufgesperrt und warten auf Signale einer neuen Qualität der Zusammenarbeit. Blair wäre gerne der Erste, der die Kunde davon über den Atlantik trägt.

Besonders will Blair nun beweisen, dass er es mit seinen sich in letzter Zeit häufenden Ansagen zum israelisch-palästinensischen Friedensprozess ernst meint. Großbritannien allein kann nichts ausrichten: Allein die Unbeliebtheit der BBC in Israel - sie kommt für manche Israelis gleich nach dem Hisbollah-TV - zeigt deutlich, dass trotz der gemeinsamen Koalition gegen den Irak London und Washington im Nahen Osten Welten trennen. Blair versucht Optimismus auszustrahlen, dass sich das ändern könnte: Angeblich arbeiten USA und Großbritannien einen gemeinsamen Friedensplan aus, Details - besonders interessant wird, was ihn von der Roadmap unterscheidet - unbekannt.

Neue Initiativen

Auch die EU kündigt neue Initiativen an. Die New York Times erinnerte am Freitag an das amerikanische Credo vor der Irak-Invasion, dass der Weg nach Jerusalem über Bagdad führe. In der Region und fast überall in der EU war man immer davon überzeugt, dass die Reihenfolge genau umgekehrt ist. Tatsächlich sind die Hoffnungen weit gehend geschwunden, dass aus dem Irak in absehbarer Zeit positive Impulse kommen. Ob sich deshalb die Bush-Regierung nun ernsthaft des Nahostkonflikts annimmt, kann aber noch niemand sagen. (DER STANDARD, Printausgabe 13./14.11.2004)