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Immer mehr und immer deutlicher - wie hier beim Aufmarsch vor einem Soldatenfriedhof im brandenburgischen Halbe - zeigen die Neonazis, wessen Ungeist sie verkörpern.

Foto: AP/Sven Kaestner
Es waren gespenstische Szenen, die sich am Wochenende auf dem Soldatenfriedhof von Halbe, rund 50 Kilometer südlich von Berlin, abspielten. In Reih und Glied marschierten hunderte Neonazis auf, zitierten NS-Propagandaminister Joseph Goebbels und bezeichneten Wehrmachtssoldaten als "deutsche Helden". Dutzende legten mit SS-Runen versehene Kränze nieder. Einige von ihnen hatten sich auch wie zur NS-Zeit gekleidet und gestylt.

Das brandenburgische Oberverwaltungsgericht hatte die Kundgebung zugelassen. Auf dem Waldfriedhof sind nicht nur rund 17.000 Soldaten bestattet, sondern auch 57 hingerichtete Wehrmachtsdeserteure, 37 ermordete Zwangsarbeiter sowie rund 5000 Opfer eines nach 1945 errichteten sowjetischen Internierungslagers.

"Es ist eine Schande"

Es war der bisher größte Aufmarsch von Rechtsextremisten auf einem Friedhof in Deutschland. Die Polizei hatte mit höchstens 800 Rechtsextremisten gerechnet, gekommen waren aber doppelt so viele.

"Es ist eine Schande, dass unser Ort immer mehr Rechtsextreme anzieht. Wir sind einfach hilflos", sagte Bürgermeister Ralf Kunze. In dem 1500-Einwohner-Ort waren 1800 Polizisten im Einsatz, um die rund tausend linken Gegendemonstranten von den Rechtsextremisten zu trennen, was auch gelang. Nur ein Gegendemonstrant schaffte es, sich zu den Rechten durchzukämpfen. Er wurde zuerst von glatzköpfigen Ordnern festgehalten und dann bezeichnenderweise von der Polizei festgenommen.

Besorgnis und Schrecken

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hatte kurz vor dem Aufmarsch der Neonazis in Halbe im Gespräch mit Auslandskorrespondenten gewarnt: Nachdem NPD und DVU bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg den Sprung in den Landtag geschafft haben, sei "der Rechtsradikalismus offener geworden, er versteckt sich nicht mehr". Das Wahlbündnis von NPD und DVU, die eine gemeinsame Liste für die Bundestagswahl 2006 aufstellen wollen, sieht Spiegel "nicht nur mit Besorgnis, sondern mit Schrecken".

Schockiert reagierte auch der Chef des für Halbe zuständigen Sozialamtes, Ulrich Arnts, als er bei dem Aufmarsch der Rechtsextremisten bekannte Gesichter entdeckte, die von seinem Amt Unterstützung beziehen. "Ihnen gibt die rechte Szene offenbar eine Heimat." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2004)