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Ob gekocht, gedünstet oder als Popcorn: Mais ist ein begehrtes Gemüse. Als Maisstärke findet er in der Lebensmittel-wie technischen Industrie vielfältige Verwendung - für die Herstellung von Puddingpulver über Papier bis zu Kosmetika. Der japanische Elektronikkonzern Pioneer hat nun das Potenzial der Maisstärke als Rohstoff für Blu-ray Discs entdeckt und einen Prototyp entwickelt. Der Konzern gehört zu einem Konsortium, das die speicherstarken Scheiben als Nachfolger der DVD etablieren will. Die Pflanzen-disc hat eine Kapazität von bis zu 25 Gigabyte und ist biologisch abbaubar.

Doch nicht nur ökologische Vorteile sollen das Gemüse für die Disc-Produktion schmackhaft machen. DVDs und CDs bestehen zum größten Teil aus Polycarbonat, das aus Öl hergestellt wird. Steigende Ölpreise treiben die Kosten in die Höhe. Einer Disc aus Pflanzenstärke kann das nicht passieren. Ob sie auch den Fährnissen eines Disc-Lebens gewachsen ist, wird sich zeigen.

Natur gegen Technik

Weniger monetäre Ziele verfolgen Forscher um Marc Baldo vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sie wollen die natürliche Fähigkeit von Pflanzen, Sonnenlicht in chemische Energie umzuwandeln, die Photosynthese, für die Erzeugung von Strom nutzbar machen. Als erstes Objekt ihrer Forschung nahmen sie Spinat ins Visier. Die Idee ist einfach: Bei der Photosynthese werden Elektronen freigesetzt. Diese müssen nur in die richtige Bahn gebracht werden. Man nehme daher das Grünzeug und lege es zwischen zwei Schichten aus leitendem Material. Leider hat die Realität einen Haken. Damit die Spinat-Solarzelle für den Antrieb kommerzieller Geräte überhaupt nur angedacht werden kann, mussten die Forscher eine grundlegende Unvereinbarkeit zwischen den Bedürfnissen von Pflanze und Elektronik lösen: Spinat braucht Wasser und Salz, beides ist für Elektronik pures Gift.

Die Forscher lösten das Problem, indem sie die für die Elektronen-Freisetzung verantwortlichen Proteine aus dem Spinat isolierten und mithilfe von Peptiden ihre ursprüngliche Funktion aufrechterhielten. "Wir konnten das Biomaterial über mehrere Wochen funktionsfähig halten", so Baldo. Trotz dieses Erfolges ist eine Anwendung noch in weiter Ferne. Nur 0,1 Prozent des Sonnenlichtes kann die Spinat-Solarzelle umwandeln. Ihr Betrieb beschränkt sich auf wenige Stunden. An einer Steigerung der Effizienz wird gearbeitet. Wer Spinat lieber auf seinem Teller sieht, muss jedoch nicht um seine künftigen Ressourcen bangen. Für die Bio-solarzelle können Baldo zufolge auch andere Pflanzen oder photosynthetische Bakterien verwendet werden.

Nicht nur Gemüse landet in den Labors findiger Wissenschafter. Vergangenes Jahr erwischte es die Weintraube. Adam Heller und seine Kollegen von der University of Texas in Austin bastelten aus ihr eine Biobrennstoffzelle. Sie steckten zwei hauchdünne Karbonelektroden in eine Traube und zapften ihren Zuckerstoffwechsel an. Dabei wandern Elektronen vom Zucker zum Sauerstoff. Es entsteht Kohlendioxid und Wasser. Die Wissenschafter klebten an die Elektroden jene Enzyme an, die für den Elektronentransfer benötigt werden und leiteten so die Elektronen um. Für eine derartige Zelle eignet sich vom Apfel bis zur Zwetschke alles, was genug Zucker enthält. Die Wein- traubenzelle brachte es auf 2,4 Mikrowatt. Für eine Glühbirne um ein Millionenfaches zu wenig. Doch genug für Minisensoren, die auf Obstplantagen darüber wachen, dass die Früchte gedeihen. (Der Standard, Printausgabe, 15.11.2004)