Linz/Wien - Die VA-Tech-Belegschaft fühlt sich provoziert. Anlass ist die Ankündigung von Minderheitsaktionär Siemens (16,67 Prozent), am Standort Weiz, wo Generatoren für Gas- und Wassergroßturbinen produziert werden, seien Arbeitsplätze gefährdet. Es seien 300 bis 350 Arbeitsplätze zu überdenken, zitierten Volksblatt und profil Siemens-Generaldirektor Albert Hochleitner.

"Siemens ist noch nicht Alleineigentümer"

"Siemens ist noch nicht Alleineigentümer der VA Tech", ärgert sich Betriebsrat und VA-Tech-Aufsichtsratsmitglied Siegfried Tromaier, "und hat daher keine Jobs zu streichen." Noch liege nicht einmal ein Übernahmeangebot vor, über das man reden könne. Ein solches wird erst für Donnerstag erwartet.

Die Arbeiten dafür laufen in der Wiener Siemensstraße auf Hochtouren. Man werde der Übernahmekommission in den nächsten Tagen ein fertiges Angebot übergeben, kündigte Karl Strasser, Sprecher von Siemens Österreich, an.

Betriebsversammlungen

Ob die VA-Tech-Belegschaft den Fehdehandschuh aufnimmt und auf die Straße gehen wird, ist offen. Insider erwarten zumindest, dass in den Betriebsversammlungen, die ab Dienstag an allen VA-Tech-Standorten stattfinden, die Wogen hochgehen werden. Provozieren oder Einschüchtern lasse man sich vor den Gesprächen mit Siemens jedenfalls nicht.

Den Anfang macht Wien, wo am Dienstag ab 13 Uhr versammelt wird, dann folgen Weiz und Linz. Anlass zur Sorge gibt in Weiz weiters, dass die Kooperation mit General Electric (GE) vor dem Aus stehen dürfte. Das habe der US-Elektromulti bei den Gesprächen am Freitag in Weiz signalisiert, erfuhr der STANDARD in VA-Tech-Kreisen.

Siemens ruderte zurück

Bei einer Übernahme durch Siemens sei die Turbogeneratorenkooperation obsolet, heißt es. Bestehende Aufträge würden abgearbeitet, neue gebe es nicht. Offiziell bestätigt wird dies nicht. Siemens ruderte zurück: Arbeitsplätze "überdenken" heißt demnach "nachdenken", wie man die 350 Jobs in der Turbogeneratorenfertigung sichern könne.

Provoziert fühlt sich dem Vernehmen nach auch die VA-Tech-Führung, und zwar von Hochleitners Aussagen im profil, wonach die VA Tech mangels Kapitals langfristig nicht überlebensfähig sei.

Äußern wollte sich die Konzernspitze dazu nicht, sie darf auf Aussagen mit möglicherweise geschäftsschädigendem Inhalt zwar reagieren, das vom Übernahmerecht verordnete Neutralitätsgebot (gilt ab dem Zeitpunkt, wo die Absicht bekannt wird, dass ein Angebot gelegt wird, Anm.) macht Repliken auf die übernehmende Gesellschaft aber zum Trapezakt.

Fragliche Nachbesserung

Bleibt Siemens bei den angekündigten 55 Euro pro Aktie, werden VA-Tech-Aktionäre für ihre Treue nicht belohnt. Wer bei der Emission 1994 um 900 Schilling (65,41 Euro) gekauft hat, muss jetzt einen Abschlag hinnehmen. Offiziell will Siemens hart bleiben. Inoffiziell heißt es freilich, eine Nachbesserung komme nur dann, wenn das Offert nicht oder nur zögerlich angenommen werde.

Angesichts der Verlustvorträge der VA Tech in Höhe von 600 Millionen Euro stellen sich die von Siemens angezeigten 825 Mio. Euro Kaufpreis freilich nicht ganz so großzügig dar. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD Printausgabe, 16.11.2004)