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13 Jahre lang war Enrico Mentana das Aushängeschild des Berlusconi-Senders. Sein "Telegiornale 5" war die Sendung mit der höchsten Einschaltquote aller Mediaset-Programme. Seit der systematischen Besetzung des Staatssenders Rai durch Berlusconi-Vertraute hatten sich auch immer mehr linke Zuschauer von den gleichgeschalteten Nachrichten auf Rai 1 und Rai 2 abgewandt und bei Mentana Zuflucht gesucht. Dessen Tagesschau war nie Berlusconi-kritisch, aber sie war um Distanz und Unabhängigkeit bemüht. Vorauseilender Gehorsam und Zensur unangenehmer Meldungen gehörten nie zu Mentanas journalistischem Rüstzeug. Seine persönliche Glaubwürdigkeit wollte er dem politischen Credo für seinen Arbeitgeber Silvio Berlusconi nie opfern. Dafür bekam der Nachrichtenchef jetzt die Kündigung. "Viele im römischen Chigi-Palast haben meinen Kopf gefordert", kommentierte er die Gründe für seinen Rausschmiss.
"Jetzt ist auch das letzte Feigenblatt beseitigt", so die römische Tageszeitung "La Repubblica", die den Rauswurf als "Verzweiflungsakt Berlusconis" beschreibt. Erst vor wenigen Tagen hatte die Berlusconis Familie gehörende Tageszeitung "Il Giornale" zur "Mobilisierung" aufgerufen: "Wenn nicht alle Kräfte bei Mediaset mobilisiert werden, ist eine Niederlage bei den bevorstehenden Regionalwahlen unvermeidbar", warnte Vizechef und Forza-Italia-Parlamentarier Paolo Guzzanti.
Der Premier und Mediaset-Eigner reagierte prompt: der 49-jährige Enrico Mentana wird durch den 13 Jahre älteren Carlo Rossella ersetzt, der als Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Panorama" Berlusconis Glatze mit zusätzlichen Haaren verschönern ließ. Rossella gilt als Highsociety-Fan mit einer ausgeprägten Schwäche für Luxushotels. Sein jüngstes Buch "Grand Hotel" beschreibt schwärmerisch "den Blick auf die Welt aus 35 Hotelzimmern". Er werde eine elegante Tagesschau bieten, versprach er.