Der neue Nahverkehrszug "Talent" begeistert die ÖBB-Führung - trotz anfänglicher technischer Probleme.

Foto:
Wien - Mit dem subjektiven Empfinden vieler Bahnfahrer deckt sich das Umfrageergebnis möglicherweise nicht. Die Mehrheit der Österreicher ist laut einer von den ÖBB in Auftrag gegebenen Umfrage mit dem Service und Angebot der Österreichischen Bundesbahnen nämlich zufrieden.

Zumindest, was die Pünktlichkeit der Staatsbahn betrifft. Diese bekam laut der am Montag präsentierten Befragung von 20.190 Fahrgästen durch Meinungsforscher Karmasin/ Gallup mit 1,81 den besten Wert.

Pünktlichkeit ist relativ

Pünktlichkeit ist im Eisenbahnwesen freilich relativ: Als pünktlich gilt ein Zug nämlich auch, wenn er mit zehn bis 15 Minuten Verspätung einfährt. Das erfüllen die ÖBB bravourös, rund 98 Prozent ihrer Züge sind zeitgerecht unterwegs. Immerhin 93 Prozent fahren innerhalb von null bis drei Minuten der vom Fahrplan vorgegebenen Zeit im Bahnhof ein, betonte Wehinger.

In diesem Sinne wird die geplante Kundencharta ab 2005 freilich ein leichtes Spiel für die Eisenbahner, diese sieht nämlich erst ab 50 bis 60 Minuten Verspätung einen Schadenersatz vor. Dieser soll dafür besonders unbürokratisch möglich sein, kündigt Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger am Montag an.

Insgesamt erhielt die Bahn nach dem Schulnotensystem zwar die Note 2,17 - eine geringfügige Verbesserung um 0,13 gegenüber der Befragung im vierten Quartal 2002. Anlass zum Ausruhen sollte dies freilich nicht sein, denn zwischen unbe- oder überheizten Wagons scheint es derzeit wenig zu geben.

Dass rund 120 von 720 Reisezugwagen derzeit vergeblich auf Reparatur, Renovierung und technische Modernisierung warten, weil die Ersatzteile fehlen, bestreitet Wehinger. Er räumt aber ein, dass aufgrund des Refurbishment-Programms derzeit nur 85 Prozent der Wagons im Einsatz seien. "In den letzten 20 bis 30 Jahren wurde nichts investiert, das rächt sich jetzt." 2006 sollte die Runderneuerung des rollenden Materials inklusive der 44 Speisewagen fertig sein.

Mangelnde Sauberkeit

Nichts mit Technik hat freilich die von den Bahnfahrern kritisierte mangelnde Sauberkeit in den Zügen bzw. die üble Ausstattung vieler Bahnhöfe zu tun. Diese erhielten nur die Noten 2,12, 2,52 bzw. 2,74. "Das kann nicht zufrieden stellend sein", sagte ÖBB-Personenverkehr-Vorstand Stefan Wehinger, der eine Sauberkeitsinitiative plant.

Eine solche hatte bei seinem Antritt im Sommer 2001 auch Nochgeneraldirektor Rüdiger vorm Walde versprochen. Außer einem Streit, ob der rund 3000 Mitarbeiter umfassende Putztrupp ausgelagert wird oder nicht, ist allerdings wenig geschehen. Nun wird im Zuge der Spaltung der ÖBB in neun Subgesellschaften unter dem Holdingdach erneut mehr über Auslagerung denn Effizienz geredet.

Talent gefragt

Besserung sollte auch der Einsatz der 111 Nahverkehrstriebwagen des Typs "Talent" bringen, so Wehinger, der allerdings einräumt, dass der "Talent" wegen technischer Startprobleme Verspätung hat. Bekomme Hersteller Bombardier die Fehler nicht in Griff, "schicken wir das Klumpert zurück", sagt Wehinger. "Aber das wird nicht passieren. Der ,Talent' ist ein Traumfahrzeug - und es ist leistbar."

In der Luft hängen indes Teile der Bahnhofsoffensive. Weil das ÖBB-Budget vom Finanzministerium geschrumpft wurde, wie es im Infrastrukturministerium heißt, müssten auch bei den Bahnhofsumbauten Abstriche gemacht werden. Besserungen sind laut Rahmenplanentwurf bis 2013 in Salzburg, St. Egyden, Ternitz, Wien Hütteldorf, Südtirolerplatz und Südbahnhof zu erwarten.

Haag, Melk und der zweite Teil des Linzer Hauptbahnhofs dürften nach hinten verschoben werden. Verbesserungen versprach Wehinger beim Onlineticketing. Das bekommt 2005 ein vollbuchbares System. (ung, stro/DER STANDARD Printausgabe, 16.11.2004)