Graz - Für seine Forschungen zur juristische Verfolgung von
NS-Verbrechern in der Steiermark durch die so genannten Volksgerichte
wird der Grazer Rechtshistoriker und zugleich Vizerektor an der
Universität Graz, Martin Polaschek, ausgezeichnet. Mit dem
Erzherzog-Johann-Forschungspreis erhält er einen der drei großen
Auszeichnungen, die das Land Steiermark an seine Wissenschaftler zu
vergeben hat. Die beiden weiteren, mit jeweils 10.900 Euro dotierten
Preise gehen an den Strömungsforscher Jakob Woisetschläger und die
Grazer Strafrechtlerin Marianne Hilf, hieß es am Dienstag von Seiten
des Landespressedienstes.
Akteneinsicht
fünfzig Jahre - und damit länger als die meisten Kriegsverbrecher -
waren sie hinter Schloss und Riegel, die Strafakten der Volksgerichte
nach 1945. Martin Polaschek (geb. 1966) vom Institut für
Österreichische Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung
der Universität Graz war einer der ersten, der nach Ablauf der
Archivsperre die Akten eingesehen hat. Die Volksgerichte hatten die
Aufgabe, die im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus begangene
Verbrechen abzuurteilen.
In der Steiermark wurde im Juni 1945 der
erste diesbezügliche Akt vom Landesgericht für Strafsachen angelegt.
Bis 1955 sollten es schließlich 51.176 Fälle werden, die im Sprengel
des Oberlandesgerichts Graz anfielen. Die Mehrzahl dieser Straftaten
waren nicht "klassische Kriegsverbrechen", sondern Denunziationen,
Misshandlungen sowie Verletzungen der Menschenwürde, die in der
Heimat gegen eigene Landsleute verübt wurden.
Aufarbeitung der Staatsanwaltschaftsakten
Polaschek untersuchte in seinem Forschungsprojekt, dessen
Ergebnisse er unter dem Titel "Im Namen der Republik Österreich! Die
Volksgerichte in der Steiermark 1945 bis 1955" publiziert hat, rund
6.600 Urteile und die Rolle prominenter Nationalsozialisten, von
NS-Richtern, der "illegalen Nationalsozialisten", aber auch von
"Denunzianten" und "Ariseuren". Zurzeit läuft ein Projekt zur
Aufarbeitung der Staatsanwaltschaftsakten aus den Jahren 1929 bis
1945.
Untersuchungen der Überschallströmung in modernen
Turbinen
Jakob Woisetschläger (geb. 1962) vom Institut für Thermische
Turbomaschinen und Maschinendynamik der Technischen Universität Graz
erhält für seine Untersuchungen der Überschallströmung in modernen
Turbinen mittels neuartiger laser-optischer Messmethoden den
"Forschungspreis des Landes Steiermark". Seine Messergebnisse stellen
die Basis für die Entwicklung neuer Turbinen dar, womit künftig bei
der Energieerzeugung in diesen Kraftwerken die CO2-Emmission
vermieden wird.
Den Förderungspreis hat die Steiermärkische
Landesregierung an Marianne Hilf (Institut für Strafrecht,
Strafprozessrecht und Kriminologie) für ihre Arbeit "Die
strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, Verbänden mit
Rechtspersönlichkeit in Österreich" vergeben. (APA)