Wie geht es eigentlich den Kindern? Schon lange nichts gehört. Dabei wurden sie doch erst vor ein paar Wochen zur Chefsache erklärt. Eine skurrile Szene war das, Anfang Februar, bei der Pressekonferenz, mit der alles begann: Strahlend wie Frischvermählte, präsentierten sich der Noch-nicht-Bundeskanzler und der Noch-Parteiobmann der Welt. Und während die wissen wollte, was eine Partei wie die FPÖ in einer Regierung verloren habe, wollte das Duo am Höhepunkt seiner Macht erst einmal über Kinder reden. Die neue Regierung, frohlockte Wolfgang Schüssel, werde die beste sein, die es je für Kinder gegeben hat.

Schönere Zeiten?

Das klang so, als ob wenigstens die Jüngeren und Jüngsten schönen Zeiten entgegensehen könnten. Mittlerweile haben wir dazugelernt. Im Falle unserer ausländischen Mitbürger gilt Kinderfreundlichkeit und Familiensinn nicht. Das wissen wir, seit Ex-Parteiobmann Jörg Haider kürzlich gegen eine geplante EU-Richtlinie ins Feld zog, nach der Ausländer ihre engsten Familienangehörigen zu sich holen dürfen.

Aber auch österreichische Kinder und Jugendliche machen schlechte Erfahrungen mit Blau-Schwarz. "Wir fühlen uns benutzt", ärgern sich etwa die Schülerinnen und Schüler der 7b in der Wiener Rainergasse. Die Klasse war von ihrer französischen Partnerschule mit Verweis auf die politische Lage in Österreich von einem Frankreichbesuch ausgeladen worden. Ein Aufschrei der Empörung ging durchs Land. Der Boykott von Schulklassen - mindestens zehn Fälle gibt es bisher - gilt nun als Paradebeispiel für die Absurdität der Sanktionen gegen Österreich.

Was die Schüler daran ärgert? Vor allem eins: "Alle reden über uns, keiner redet mit uns", beschwert sich die Klasse. Kein Wunder. Denn die Neumächtigen finden kaum einmal die richtigen Worte. Als etwa Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer in der TV-Diskussion "Zur Sache" gefragt wurde, was sie diesen 17-Jährigen sagen würde, fiel ihr nur die bekannte Leier ein: Das Ausland ist ungerecht, das Ausland irrt, das Ausland ist schuld.

Leserbriefaktion

Weniger wehleidig sehen das die betroffenen Schüler in der Rainergasse, die mit einer Leserbriefaktion an französische Zeitungen Aufsehen erregt haben. Auch sie finden es ungerecht, dass der Austausch abgesagt wurde. Der Grund dafür, darin sind sie sich aber einig, sei allein die österreichische Regierung. "Es ist ja kein Wunder, wenn die Franzosen negativ eigestellt sind", bringt es ein Mädchen auf den Punkt, "was hier passiert, ist ja negativ."

Austausch

Seit ihrer Leserbriefaktion hat die Klasse E-Mails aus aller Welt erhalten. Vom französischen Kulturinstitut kam eine Einladung. Französische Schulen haben sich für einen Austausch angeboten. Von Schüssel & Co. dagegen fühlt sich die 7b im Stich gelassen.

Tröstlich wäre gewesen, wenn auch ein Mitglied dieser Regierung, die so herzzerreißend über die Ungerechtigkeit des Falles lamentiert, Stellung genommen oder ein Gespräch gesucht hätte. Die Protestbriefe an das offizielle Österreich blieben aber größtenteils unbeantwortet. Nur VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat raffte sich auf und versicherte der Klasse schriftlich ihre Bestürzung.

Prinzhorn

Und noch eine Anmerkung in Sachen Kinderfreundlichkeit. Dass Kinder von Ausländern im Zweifelsfall schon vor der Zeugung bedrohlich sind, wissen wir seit dem unappetitlichen "Hormon-Sager" von Thomas Prinzhorn. Der bleibt insofern aktuell, als sich hartnäckig folgendes Gerücht hält: Jenes Hormonpräparat, das Prinzhorn meinte, als er über Fruchtbarkeitsbehandlungen von Asylanten spekulierte, sei traumatisierten Flüchtlingsfrauen aus Bosnien und dem Kosovo verschrieben worden, um psychisch bedingte Zyklusstörungen in den Griff zu bekommen.

Nehmen wir doch einmal das Allerbeste an und gehen davon aus, dass Prinzhorn mit seiner Behauptung Recht hatte. Nehmen wir also an, das Präparat sei gratis an Flüchtlinge ausgegeben worden, während Österreicher dafür zahlen mussten.

Frauen, die systematisch vergewaltigt und misshandelt wurden, hätten also ein Medikament geschenkt bekommen. Das empört den Mann, der Zweiter Nationalratspräsident ist. Widerlich. So gesehen überrascht es nicht, dass eine Vizekanzlerin und Parteichefin, die sich von solchen Menschen umgeben lässt, nicht die richtigen Worte findet, um einer Schulklasse die politische Lage zu erklären.

Sehr kinderlieb, wirklich.
Irene Jancsy war als Journalistin u. a. im "profil" tätig. Sie lebt jetzt als freie Publizistin in Wien. Dieser Text ist auch auf der FrauenWebsite dieStan- dard.at abrufbar.