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Die Wiener ÖVP sieht durch Wandbilder Wiens Ruf als sichere Stadt gefährdet

Foto: APA/ Chico Sanchez
Die Wiener ÖVP meint, dass vor allem Graffiti im öffentlichen Raum dazu beitragen, das Sicherheitsgefühl der Wiener zu reduzieren. Der Bürgermeister soll deswegen seine Laisser-faire-Position verlassen und "ein Machtwort" gegen Sprayer sprechen.

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Wien - Wahrnehmung ist subjektiv. Und - auch wenn es offiziell nur angedeutet wird - auch in der Wiener VP-Zentrale dürfte kaum jemand die Folgen von Graffiti im öffentlichen Raum ähnlich verheerend sehen, wie der Volkspartei-Gemeinderat im Wiener Rathaus Wolfgang Ulm.

Denn, erklärte der VP- Sicherheitssprecher am Mitwoch in einer Pressekonferenz, Sprayereien seien nicht bloß Sachbeschädigung. Sie trügen darüber hinaus massiv dazu bei, Wiens Ruf als sichere Stadt zu gefährden: Frei nach der "Broken Window"-Theorie ziehe die Bevölkerung, so Ulm, aus dem "Überhandnehmen" von Graffiti den Schluss, dass die "Verschandelung" der Stadt toleriert werde, Gesetzesbruch also nicht verhindert oder gar geahndet würde.

Das subjektive Sicherheitsgefühl

Das, so der VP-Politiker, würde bei braven Bürgern "zu einer Abnahme des subjektiven Sicherheitsgefühls" führen und weniger braven suggerieren, dass Gesetzesübertritte kein Risiko trügen. Ulms Szenario: Die reale Sicherheitssituation würde dadurch bald dem subjektiven Sicherheitsgefühl folgen - womit Wien als Tourismus- und Wirtschaftsstandort in der Bredouille wäre. Ganz zu schweigen von der Lebensqualität der - qua Graffiti-Sichtung verängstigten und frustrierten - Bürger.

Das Fazit des VP-Mannes ist klar: Wiens Stadtregierung möge sich aufraffen und Graffiti "ächten". Der Bürgermeister selbst, so Ulm, müsse seine Laisser-faire-Haltung aufgeben und "ein Machtwort" sprechen." In Deutschland hätten sich zahlreiche Städte zu solchen Anti-Graffiti-Aktionen durchgerungen. Auch unter SPD-Bürgermeistern.

Forderung nach Schaffung einer "Stadtpolizei"

Davon, dass Kids mit Sprühdosen von einer geradezu schulmeisterlich anmutenden Zurechtweisung aus Michael Häupls Munde maßlos beeindruckt wären, ist man im Umfeld des Bürgermeisters nicht ganz so überzeugt wie in der Wiener Volkspartei. Ulms Sicherheitsszenario - samt Forderung nach Schaffung einer "Stadtpolizei" - wird mit der Bitte beantwortet, der VP- Mann möge sich an seinen Parteifreund, Innenminister Ernst Strasser wenden: Der sei für die Sicherheit zuständig - und die Personalsituation der Wiener Polizei mache die SPÖ nicht all zu froh. Häupl hatte ja schon angeboten, die Stadt könnte die Polizei selbst führen, mit entsprechend Personal ausstatten und aus Strafgeldern auch finanzieren.

Graffiti- und Beschwerdezahlen sind "konstant"

Zur Sache selbst heißt es im Büro von Wohnbaustadtrat Werner Faymann (Ulm: "Als größter Hausherr weiß die Stadt über die Situation Bescheid"), dass Graffiti- und Beschwerdezahlen "in den letzten Jahren konstant" seien. Auch die Wiener Linien sehen keinen Anstieg von Sprayeraktivitäten. Lediglich bei den ÖBB ortet man - nach Jahren der Stagnation - heuer eine Zunahme der Schäden um etwa zehn Prozent: "Das ist kein Problem, das die Politik lösen kann", meint ÖBB-Sprecher Gary Pippan - und stimmt Wiener-Linien-Sprecher Johann Ehrengruber zu, wenn der sagt, dass "Graffiti ein urbanes Phänomen sind, mit dem wir wohl leben müssen". (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe 18.11.2004)