Wien - Leichtgewichte hatten es am Donnerstag in Wien besonders schwer. Denn sie mussten erhebliche Muskelkraft aufwenden, um auf der Straße nicht vom Wind einfach ein paar Meter versetzt zu werden. Mit bis zu 119 Stundenkilometer Geschwindigkeit fegte der Orkan seit der Nacht über die Bundeshauptstadt, die Folge waren mindestens drei Verletzte und erheblicher Sachschaden. Auch in den nächsten Tagen wütet der Wind weiter, warnen die Meteorologen.
Begonnen hatte das Naturereignis in der Nacht. Donnerstagfrüh wurde dann bei der Messstation auf der Hohen Warte eine Böe mit 118,8 km/h gemessen, was der internationalen Beaufort-Skala zufolge bereits einem Orkan entspricht. Dies war laut einem Klimaexperten der höchste je in der Bundeshauptstadt registrierte Novemberwert. Bisheriger "Rekordhalter" für den Nebelmonat war ein Sturm mit 114,84 km/h am 7. November 1952. Der absolut schwerste Sturm über Wien wurde am 18. Februar 1946 mit 139 km/h verzeichnet. Von den anschließend neun registrierten Orkanen war jener vom Donnerstag übrigens der "schwächste".
Ein schwacher Trost für die Feuerwehr: Sie musste bis Donnerstagnachmittag über 300-mal ausrücken, um Gerüste und Rauchfänge zu sichern, lose Dachziegel und Bauteile zu entfernen oder abgerissene Äste zu beseitigen. Auch am Christkindelmarkt vor dem Rathaus gab es Arbeit: Der Eingangsbogen wurde ebenso umgeweht wie mehrere Plakatwände.
Zwei Feuerwehrmänner wurden bei diesen Einsätzen leicht verletzt, tragischer endete der Unfall eines Bauarbeiters am Morgen. Der Mann war gerade mit Fixierungsarbeiten am Flachdach des Kaufhauses Gerngross in Wien-Neubau beschäftigt, als er plötzlich von einem herumwirbelnden Blechteil frontal getroffen wurde. Der Schwerverletzte konnte nicht mehr selbst absteigen und musste von der Feuerwehr vom Dach geborgen werden. Glimpflicher gingen glücklicherweise Zwischenfälle mit umstürzenden Gerüsten und Mauern aus. In der Koppstraße in Wien-Ottakring hielt ein mehrstöckiges Gerüst dem Wind nicht stand, die umherfliegenden Teile demolierten die Straßenbeleuchtung und beschädigten drei parkende Autos.
Für Aufsehen sorgte in einigen Wiener Stadtteilen auch Sirenengeheul. Nachfragen ergaben allerdings, dass weder die Landeswarnzentrale noch die Feuerwehr allgemeinen Alarm gegeben hatte. Den Experten zufolge dürften die Böen Diebstahlsicherungen von Autos - und im Anschluss Bewohner der umliegenden Häuser - "wachgerüttelt" haben.
Auch in den kommenden Tagen sollte man besser nicht auf die Straße gehen. Denn ein Sturmtief über den Britischen Inseln kommt, lässt die Temperaturen in Ostösterreich auf die Nullgradmarke fallen und sorgt für noch mehr Wind, prophezeien die Meteorologen.