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Indische Callcenter Mitarbeiter in Bangalore. Indien profitiert massiv vom derzeitigen Outsourcing-Boom.

Foto: Reuters/CRASTO
Linz - Die Unternehmen in den führenden westeuropäischen Industrienationen werden auch weiterhin vor allem die Produktionen von Waren am unteren Ende der Wertschöpfungskette in Billiglohnländer verlagern. Von derartigen Investitionen werden vor allem China, Osteuropa, Indien und die Region Asien/Pazifik profitieren. Das ist das Donnerstag in einer Pressekonferenz in Linz veröffentlichte Ergebnis der Studie "The Future of European Manufactoring" des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG. Es hatte dazu 172 Hersteller aus den 15 führenden westeuropäischen Industrienationen befragen lassen.

Die untersuchten Unternehmen aus dem Bereich der Fertigungsindustrie halten derzeit durchschnittlich 48 Prozent ihrer Gesamtproduktion in den EU-15-Ländern. Dieser Wert werde jedoch in den nächsten drei Jahren auf 42 Prozent sinken, so die Prognose der befragten Unternehmen. Zu ihren Investitionsplänen befragt gaben sie an, knapp 20 Prozent ihrer Neuinvestitionen in Produktionskapazitäten am chinesischen Markt tätigen zu wollen. Weitere 13 Prozent sollen in Osteuropa investiert werden. Ein Zehntel der Neuinvestitionen geht nach Indien und in die Region Asien/Pazifik. Knapp die Hälfte soll aber auch in den nächsten drei Jahren noch nach Westeuropa fließen.

High Tech-Produkte nicht gefährdet

Je höher die Güterproduktion in der Wertschöpfungskette angesiedelt sei, desto weniger stelle die Globalisierung eine effektive Gefahr dar, ist der Leiter des Bereiches "Industrial Markets" der KPMG Bernhard Klingler überzeugt. High Tech-Produkte würden High Tech-Einrichtungen und vor allem fundiertes Know-how der Mitarbeiter erfordern. Eine Produktionsverlagerung sei in diesem Fall mit hohem Kapitalbedarf und dem Verlust von unternehmensgebundenem Wissen verbunden. Somit sei damit zu rechnen, dass Unternehmen im oberen Technologiesegment ihre Produktionsstätten auch in Zukunft in Europa belassen. Es werde darüber hinaus noch laufend in die Verbesserung von Prozessen und die Optimierung von Produktivität und Qualität investiert.

Positiv aus gesamtwirtschaftlicher Sicht

Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht könne die Verlagerung von Produktionen mit geringer Wertschöpfung auch positiv bewertet werden, wenn die sich daraus ergebenden Einsparpotenziale in die höherwertige Produktion in Europa investiert werden und die Wettbewerbsfähigkeit für diese Unternehmen damit gefestigt wird, machte Klingler aufmerksam. Gleichzeitig profitiere die heimische Industrie auch vom wachsenden Käufermarkt in China und Osteuropa. "So kann aus dem befürchteten Zusammenbruch der europäischen Produktion die Chance zum weiteren Wachstum werden", sagte Klingler.

Kritisch seien allerdings Pläne, wonach auch die Forschung und Entwicklung zunehmend nach China und Osteuropa ausgelagert werde. Die 172 befragten Unternehmen führen derzeit durchschnittlich 55 Prozent ihrer gesamten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Westeuropa durch. Die Kapazitäten sollen allerdings in den nächsten drei Jahren um sechs Prozent zurückgehen. "Mit dem Abgang von Forschung und Entwicklung läuft Europa Gefahr, die Vormachtstellung in der Produktion von Gütern auf hohem Wert- und Innovationsniveau zu verlieren", warnte Klingler.

Österreich gut positioniert

Österreich sei im europäischen Vergleich durch geringere Arbeitskosten und eine deutlich günstigere Unternehmensbesteuerung gut positioniert. "Problematisch ist aber die fehlende High End Forschung, etwa in den Bereichen Biotechnologie, IT, Elektronik und Nanotechnologie. Hier sind wir gegenüber anderen europäischen Ländern im Rückstand", formulierte Klingler einen klaren Auftrag an die heimischen Unternehmen und Universitäten.

Österreichs Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt sei mit 1,9 Prozent im Jahr 2003 im unteren Drittel. Österreich liege damit hinter Deutschland mit 2,5 Prozent und deutlich hinter den USA und Japan. Vorreiter in Europa seien Finnland und Schweden.

Abgang der besten Köpfe

Neben geringer Investitionstätigkeit im Bereich Forschung und Entwicklung kämpfe Österreich derzeit auch mit dem Abgang der besten Köpfe in das Ausland. Es sei daher essenziell für Österreich, ein entsprechendes Klima für Forschung und Innovation und damit für eine Entwicklung zu schaffen, um im globalisierten Wettkampf bestehen zu können. Das werde jedoch nur mit erheblichen Investitionen möglich sein. Für die österreichischen Hersteller stehe aber derzeit der Rationalisierungsaspekt zu sehr im Vordergrund, kritisierte der KPMG-Experte.

Im Bereich der Finanzierung - für Klingler einer der Erfolgsfaktoren für Forschung und Entwicklung - werde zudem ein wesentlicher Teil des Innovationspotenzials nicht genutzt. So vertraut laut der Studie der KPMG der Großteil der europäischen Hersteller auf langfristige Bankkredite und nutze andere innovativere und potenziell günstigere Finanzierungsquellen, wie beispielsweise Private Equity, zu wenig. Klingler führt das vor allem darauf zurück, dass innovative Finanzierungsmodelle zu wenig bekannt seien. (APA)