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Gar seltsam ist der Mensch. Ist er ziemlich berühmt, beklagt er, dass ihm die Anonymität des Privaten gestohlen wird. Ist er gerade noch irgendwie prominent und auf dem Weg in die gefürchtete Anonymität, stopft er lebende Käfer in sich hinein, um den Rest seines TV-Marktwertes für eine Weile am Leben zu erhalten.

Und ist er einer von uns, also gänzlich vom Interesse der Öffentlichkeit unbehelligt, ja dann sucht er mitunter durch opfervolles Verhalten dem öffentlichen Desinteresse zu entwischen. Nun bekamen wir Kunde von einem interessanten, seltsamen Fall: Bei einem angeblichen Casting für eine TV-Show hat sich eine junge Italienerin tatsächlich bereit erklärt, sich den kleinen Finger abscheiden zu lassen, nur um ins Fernsehen zu kommen.

Ein mit versteckter Kamera gedrehter Film von der Aktion gewann im italienischen Rieti bei Rom den ersten Preis eines Festivals für verdeckt aufgenommene Filme. Die junge Dame, heißt es, habe als einzige Bedingungen für das Opfern ihres Fingers verlangt, dass die TV-Show landesweit ausgestrahlt werden müsse und der Fernsehsender ihr anschließend eine Operation bezahlt, um ihre Hand funktionstüchtig zu halten.

Ihr Götter, es wird Zeit die Leute vor sich selbst zu schützen! Der Austritt aus der Anonymität durch falsches Singen - das tat zwar den Ohren weh. Aber Liveoperationen und nun abgetrennte Finger, Verstümmelungs-TV als Zukunft des Telegenen? Wir geloben, in Hinkunft nur noch Bücher zu lesen. Ehrenwort. (tos/DER STANDARD, Printausgabe, 19.11.2004)