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Alle Tennisspielerinnen haben Mütter, selber eine sein kommt da schon seltener vor.

Foto: APA/EPA
Südstadt - Tina hat ein Cut. Damit dem nicht fad wird und sich ein Arztbesuch richtig auszahlt, gesellten sich Husten und eine Augenentzündung hinzu. Tina ignoriert die Wehwehchen, Dreijährige sind da ziemlich cool.

Mama Sybille fliegt am Sonntag nach Moskau. Das ist doppelt hart, erstens wegen Tina und zweitens aus rein beruflichen, also tennisbedingten Gründen. Ab Mittwoch steht das Fed-Cup-Halbfinale gegen Russland an. Bammer ist Österreichs Nummer eins, da sich Barbara Schett die Bänder im Knöchel gerissen hat. Unabhängig davon hört die Schett im Jänner auf.

Die Landesbesten

Wobei das mit der Landesbesten relativ ist, der Computer führt sie an 151. Stelle, Bammer hat auf der WTA-Tour genau kein Match gewonnen. Auf Challenger-Ebene hat sie sieben Titel geholt. "Man muss erst die kleinen Aufgaben lösen." Immerhin hatte sie vor drei Wochen in Philadelphia Matchball gegen Wera Zwonarewa, eine aus den Top Ten. "Ich habe gemerkt, dass ich nicht so weit weg bin." In Moskau gibt es ein Wiedersehen mit Zwonarewa, obwohl eher Anastasia Myakina und Swetlana Kusnezowa Österreich schlagen werden. Wobei Bammer die Chancenlosigkeit so ausdrückt. "Ich will nahe an die Sensation kommen, Spaß haben." Den öden Vergleich mit David gegen Goliath lehnt sie ab. Captain Alfred Tesar ist insofern auf einer Linie, "weil der David auch gewinnt. Für uns wäre es fantastisch, Partien eng zu gestalten. Vielleicht streiten die Russinnen, oder es passieren andere wundersame Dinge." Zweite Einzelspielerin wird Yvonne Meusburger sein, sie ist 172.

Bammers Tenniskarriere ergab sich eher zufällig. Sie wollte Skirennläuferin werden, das Geld fürs Internat in Windischgarsten fehlte. Daheim in St. Martin im Mühlkreis stand und steht immer noch eine Tennishalle, Sybilles Mutter wollte sich bewegen, als Partnerin kam das Kind infrage. "Mit elf Jahren habe ich zum ersten Mal einen Schläger in der Hand gehabt." Um der Welt des Tennis einen Haxen auszureißen, dürfte das zu spät gewesen sein, anderseits, sagt Sybille heute, "hatte ich dafür eine schöne Kindheit. Ich wurde nie gedrillt." Einige Wochen nach den ersten Erfahrungen hielt der ÖTV in St. Martin ein Wintercamp ab, Sybille kam bis ins Finale: "Läuferisch war ich gut, den Ball habe ich drübergehaut."

2001, der Zeitensprung ist gewaltig, kam Tina dazwischen. Bammer pausierte ein Jahr, "das hat mir gut getan. Andere können nicht, weil sie verletzt sind, ich war wegen Tina daheim." Freund Christoph ließ sich karenzieren, er ist Papa/Manager, hat einen Vertrag von Superfund quasi nach Ottensheim gezogen, dort wohnt die Familie. "Er hat auf mich eingeredet, dass ich Tennisspielen soll. Weil er gespürt hat, dass ich es wollte."

Stärker und schwächer

Also reisen die drei von Challenger zu Challenger. "Manchmal bin ich durch Tina stärker, manchmal schwächer." Zum Beispiel, wenn sie vorm Match gegen eine Mauer rennt und ein Cut erleidet.

Bammer nennt Thomas Muster ihr Vorbild, was kaum originell ist. "Sein Kampfgeist hat mir imponiert." Sie selbst sei fleißig, dickköpfig, Service und Rückhand passten. Tesar vermisst "die Konstanz. Es wird sich zeigen, ob sie noch Variationen drauf hat."

Der Tag, sagt Sybille Bammer, biete zu wenige Stunden. "Ich bräuchte einige mehr zum Erholen." Binnen drei Jahren möchte sie sich an die Top 50 herantasten. "Bis Tina in die Schule kommt." Am Sonntag fliegt sie nach Moskau. Um Spaß zu haben. Und um zu telefonieren. Mit Tina. (DER STANDARD Printausgabe 20.11.2004)