Düsseldorf/Frankfurt - Ganz Deutschland ist im Infineon-Fieber. Ganz Deutschland? Nein. Zahlreiche Analysten warnen inzwischen bereits vor High-Tech-Hysterie und drohenden Kursrückschlägen. "Wer jetzt noch sein Erspartes in High-Tech-Aktien anlegt, muss ungeheuer optimistisch sein, oder er kennt die Zeichen der Zeit nicht," warnte am Montag in Düsseldorf Stefan Steib, Analyst bei der WGZ-Bank. Auch Erhard Holland-Merten von der Kant Vermögensberatung in Frankfurt sieht Korrekturbedarf. Tatsächlich ließen Gewinnmitnahmen bei Technologie- und Telekomwerten wie SAP, Siemens und Deutsche Telekom Montag vormittag bereits die Kurse purzeln. Vorläufiger Höhepunkt der Anleger-Techno-Manie Die 33-fache Überzeichnung der Infineon-Aktien ist für Steib nicht mehr rational nachvollziehbar. Die weltweit größte Börseeinführung eines High-Tech-Unternehmens stelle "den vorläufigen Höhepunkt der Anleger-Techno-Manie da", so der Analyst. Neuemissionen würden blind gezeichnet. Fundamentale Daten fänden kaum noch Gehör. Es herrsche geradezu Kaufpanik. "Die Milchmädchen stehen Schlange vor den Bankschaltern, um ein Los für die Neuemissionslotterie zu ergattern." In Börsenkreisen werden Situationen, in denen alle Bevölkerungsschichten zu kaufen und spekulieren beginnen, auch scherzhaft als Milchmädchenhausse oder Hausfrauenbörse bezeichnet. Doch Steib mahnt zur Vorsicht: "Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis den alten Zugpferden "High Tech" und "Telekom" in der dünnen Börsenluft der aktuellen Rekord-Bewertungshöhen die Puste ausgehen wird." Wer jetzt noch auf den Techno-Börsenzug aufspringen wolle, müsse "ständig mit einer Hand die Notbremse griffbereit halten". Konsolidierung längst überfällig Der Experte ist überzeugt: "Eine Konsolidierung an den europäischen Börsen ist längst überfällig." Angesichts steigender Zinsen erwartet er eine Korrektur von zehn bis 15 Prozent, bei High-Tech-Aktien auch mehr. Wer vor einiger Zeit seine Aktien gekauft und von den Kursexplosionen der vergangenen Monate profitiert habe, könne dies gut aussitzen und ruhig schlafen. Doch wer erst jetzt einsteige, könne sich die Finger verbrennen. Sein Frankfurter Kollege Holland-Merten formuliert etwas vorsichtiger, doch die Richtung ist die gleiche. "Ich habe so etwas noch nicht erlebt", kommentiert der Analyst den boomenden Markt. Teilweise hätten High-Tech-Werte inzwischen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis, das nur noch Kopfschütteln auslösen könne. "Es muss sicherlich eine starke Reaktion kommen", sagt er. Zu deutsch: eine Kurskorrektur nach unten. Doch nach der Korrektur, auch da sind sich die Experten einig, gibt es dann wieder - fast - nur noch eine Richtung für die Aktienkurse: aufwärts. (AP/APA)