Die Beteuerung, dass Israelis und Amerikaner "alles in unserer Macht Stehende tun wollen", um die palästinensischen Wahlen zu ermöglichen, war das Leitmotiv beim gestrigen Nahost-Abschiedsbesuch von Colin Powell. Der US-Außenminister blieb zwar kaum 20 Stunden und wird seit seiner Rücktrittsankündigung auch nicht mehr so ganz wichtig genommen, aber er kündigte ein ganzes Defilee von Amtskollegen aus wichtigen Staaten an, die einander in Jerusalem, Jericho und Ramallah die Türklinken in die Hand geben werden - ein deutliches Zeichen dafür, dass der Tod von Palästinenserchef Yassir Arafat die politische Erstarrung in der Region gelöst hat.

Von Powell wollte die palästinensische Interimsführung vor allem Garantien dafür, dass die für 9. Jänner geplante Wahl des neuen Autonomiechefs ungehindert abgewickelt werden kann und dass die Roadmap, der internationale Friedensplan, der schon für 2003 einen Palästinenserstaat in provisorischen Grenzen vorgesehen hatte, wieder aktiviert wird.

Auf einen Termin für die Staatsgründung wollte Powell sich nicht festnageln lassen, aber er erkannte nach seinen Treffen mit Israels Premier Ariel Sharon und Außenminister Silvan Shalom in Jerusalem einen neuen "Moment der Gelegenheit" für die Roadmap. "Beide Seiten müssen bereit sein, ihre Verpflichtungen zu erfüllen", sagte Powell, besonders an die Palästinenser war zugleich die Mahnung gerichtet, es müsse "sichergestellt werden, dass Terroristen nicht ein weiteres Mal diesen Prozess stoppen können". Shalom versicherte, Israel werde "die Bedingungen für die Palästinenser erleichtern, und das beinhaltet natürlich Bewegungsfreiheit".

Man ließ durchblicken, dass ein Weg gefunden werden würde, auch die Palästinenser Ostjerusalems an den Wahlen teilnehmen zu lassen, und Sharon sagte später vor einem Parlamentsausschuss, dass israelische und palästinensische Funktionäre in den nächsten Tagen zwecks Koordinierung der Wahlen Gespräche aufnehmen würden. Frühere Andeutungen, wonach Israel Verständnis dafür haben würde, wenn die radikalen Gruppen nicht sofort entwaffnet werden könnten, wurden aber nicht bestätigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2004)