Diskurs
Ein guter Platz - Von RAU
Die "Wende" brachte "Reformen", die prinzipiell notwendig waren, deren Erfolg (und Gerechtigkeit) aber keineswegs feststeht ...
Österreich ist ein guter Platz
zum Leben. Sagt der Bundeskanzler. Ja, schon, aber
warum nimmt er das für seine Regierung in Anspruch?
Wie viel davon ist Schwarz-
Blau zuzuordnen? Wir reden von strukturellen Gegebenheiten, die es
seit Jahrzehnten
gibt: Die Landschaft ist immer
noch schön, die
Verwaltung funktioniert
mehr oder weniger, der
Wohlstand ist beachtlich,
niemand muss ein halbes
Jahr auf ein Spitalsbett oder
eine Operation warten, in
den Straßen toben keine radikalen Gruppen, das Freizeit- und Kulturangebot ist
exzellent, die Sicherheitslage ist trotz einer Raub- und
Diebstahlswelle immer noch hoch, die Mieten und
die Preise für Güter des täglichen Bedarfs (außer Benzin) relativ niedrig. Die
Steuern sind relativ hoch,
aber dafür ist das Angebot
an öffentlichen Leistungen
nicht schlecht. All das gab
es lange vor
Schwarz-Blau.
Die "Wende"
brachte "Reformen", die prinzipiell notwendig waren, deren Erfolg (und Gerechtigkeit) aber keineswegs feststeht und die jedenfalls mit
Einkommensschmälerungen verbunden waren. Vom
veränderten geistigen Klima
wollen wir nicht reden. Österreich ist immer noch ein
guter Platz zum Leben. Aber
Schwarz-Blau hat damit relativ wenig zu tun. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.11.2004)