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Die Zuschauer beim Prozess müssen strenge Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen.

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Der angeklagte Martin Wiese war schon 1992 an den Brandanschlägen auf das Asylbewerberheim im ostdeutschen Rostock-Lichtenhagen beteiligt

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München/Berlin - Zum Prozessauftakt am gestrigen Mittwoch gab sich der sonst so großspurig auftretende Neonazi Martin Wiese wortkarg: Der 28-jährige Anführer der "Kameradschaft Süd" verweigerte die Aussage. Er wurde in Handschellen vorgeführt, neun Polizisten einer Spezialeinheit schirmten Wiese und seine drei mitangeklagten Vertrauten, die alle kahl geschoren erschienen, ab.

Wieses Stellvertreter Alexan der Maetzing war gesprächiger. Er bestritt, dass die Gruppe konkrete Pläne für ein Bombenattentat auf das Jüdische Gemeindezentrum in München am 9. November 2003 - dem Gedenktag zur Reichspogromnacht - geschmiedet habe, wie es in der Anklageschrift heißt: "Geredet wurde viel, aber es war nicht der Vorsatz da, konkrete Sachen zu machen." Er räumte jedoch ein: "Das Datum 9. November war ein ziemliches Reizthema für uns. Wir haben auch darüber geredet, Schweineblut zu verspritzen."

Überlegungen vorangeschritten

Laut Bundesanwalt Bernd Steudl waren die Überlegungen für den Anschlag schon sehr weit vorangeschritten. Es waren insgesamt 1,7 Kilogramm TNT und weitere 14 Kilogramm Sprengstoff sowie Handgranaten beschlagnahmt worden.

Ziel der Neonazis sei der Sturz der Demokratie gewesen, so der Ankläger. "Anliegen der Organisation war, auf ein Regime nach dem Vorbild der nationalsozialistischen Diktatur von 1933 bis 1945 hinzuwirken." Laut Steudl hätten die Angeklagten "das NS-System herbeibomben wollen". Zur Durchsetzung ihrer Ziele hätten sie auch den Tod von Menschen in Kauf genommen.

Die den Anführer der Kameradschaft Süd belastenden Aussagen nahm sein Vize Maetzing vor Gericht zurück. Er sei im Polizeiverhör dazu gezwungen worden. Die Anwältin Wieses bezeichnete die Beweislage als "dünn".

Das Verfahren läuft parallel zu einem im Oktober begonnenen Prozess gegen fünf weitere Mitglieder der Kameradschaft Süd. In beiden Prozessen werden auch Verbindungen zwischen der Kameradschaft Süd und der rechtsextremen Szene in Österreich zur Sprache kommen. Laut deutschen Ermittlern hatte Wiese gute Kontakte zur rechten Szene in Österreich, er war im Vorjahr auch bei einem Skinheadkonzert im oberösterreichischen Vorchdorf. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2004)