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Klaus Bachler

Foto: APA/ ROBERT JAEGER

Wien - Nicht mit dem Spielplan und auch nicht mit dem Gesamtzustand des Hauses, sondern ausschließlich mit der Budgetproblematik und dem politischen wie gesellschaftlichen Umfeld, in dem das Burgtheater agiert, beschäftigte sich Direktor Klaus Bachler am Mittwoch in einem Gespräch mit Journalisten. Das Budget der laufenden Saison konnte am Montag endlich beschlossen werden, doch "keine Budgetsituation ist so bedrohlich wie der künstlerische Ungeist, den ich zunehmend in diesem Land registriere", sagte Bachler.

Es herrsche verstärkt ein "hemdsärmeliges, pragmatisches Kunstunternehmertum", es gehe "vielfach um ein Niederwalzen von Entwicklungen, es geht mehr um Pragmatismus als um Künstlerisches". Politisch habe sich die einstige Entscheidung, Kunst zur "Chefsache" zu erklären, längst als Irrtum erwiesen. "Meine entscheidende Forderung für die nächste Wahl lautet: Wir brauchen ein starkes Kunstministerium!" In diesem sollten sämtliche Kunstsparten zusammengefasst sein. Und man brauche Politiker, die sich auch für die Materie interessierten und ins Theater gingen.

Strategische Planung praktisch unmöglich

Das laufende Budget konnte vom Aufsichtsrat beschlossen werden, da laut dem kaufmännischen Leiter Thomas Drozda die Holding eine Garantie abgegeben habe, eventuell auftretende Verluste bis zu einer Höhe von 830.000 Euro zu finanzieren sowie die Mehrkosten durch die Gehaltsabschlüsse von heuer und vom vergangenen Jahr zu übernehmen. Gegenüber der letzten Aufsichtsratssitzung, bei der das Budget nicht beschlossen werden konnte, habe man die künstlerischen Pläne nicht verändert, sagte Bachler. Die Dreijahresplanung sei jedoch nicht verabschiedet worden. Das bedeute, dass zwar die aktuellen Probleme beseitigt wären, eine strategische Planung aber praktisch unmöglich sei. "Das ist keine Lösung für die Zukunft, so hantelt man sich von Saison zu Saison weiter."

"Kannibalismus"

Die Diskussion über die Verwendung von in der Staatsoper erwirtschafteten Reserven hält Bachler für einen "Kannibalismus", der letztlich nur den Politikern in die Hände arbeite. Jeder berufe sich, wie er es gerade brauche, auf einen "Geist der Ausgliederung". Dabei sei im Bundestheatergesetz klar vorgesehen, dass die Holding über eventuelle Abgänge oder Überschüsse zu entscheiden habe. "Wir sind nicht als Einzelhäuser ausgegliedert, sondern als Bundestheaterverband." Deshalb sei der Konzern sein Ansprechpartner. Es sehe zwar so aus, als ob der geltende interne Verteilungsschlüssel der Basisabgeltung zwischen Staatsoper, Volksoper und Burgtheater nicht ganz gerecht wäre, doch "ich halte wenig von dieser Schlüsseldiskussion, denn auch eine Veränderung des Schlüssels enthebt den Bund nicht von der Verpflichtung, Anpassungen vorzunehmen."

Als eine Lösung sieht Bachler die Umsetzung der Kann-Bestimmung des Bundestheatergesetzes, mit der Tariferhöhungen automatisch auch zu einer Erhöhung der Basisabgeltung führen würden. "Wäre dies damals wie vorgesehen zu einer Muss-Bestimmung geworden, könnten wir uns auf die Kunst konzentrieren."

All' dies sei "keine Drohung, kein Hilferuf, sondern eine ganz legitime Forderung." Rücktrittsdrohungen am Burgtheater hätten sich mit Claus Peymann erschöpft, doch "ich sage klar und deutlich: Bestimmte Dinge mache ich nicht." Bisher habe man solche - etwa eine Erhöhung der am Limit angelangten Kartenpreise - auch noch nicht von ihm verlangt, doch während er früher "frei und unbehelligt arbeiten" habe können, "wird uns das seit zwei Jahren aus finanziellen Gründen mehr und mehr erschwert."

Forschungsstätte

Die verschiedentlich angeregte Schließung der Nebenspielstätte Kasino kommt für Klaus Bachler keinesfalls in Frage: "Von Norwegen bis Sizilien hat jedes große Theater ein Studio. Das wäre, wie wenn man die Forschungsstätte eines Autokonzerns zusperren würde." Hier gehe es "nicht um große Premieren, sondern um ganz wichtige Entwicklungen". 419 Veranstaltungen haben es hier bisher seit der Saison 99/00 gegeben, weniger als ein Prozent des Budgets entfalle auf das Kasino. Eine Schließung würde "uns budgetär nicht helfen, wäre aber ein großer künstlerischer Verlust".

Alle in Frage kommenden Einsparungen seien bereits umgesetzt, schilderte Thomas Drozda, ein Deloitte-Gutachten beziffere die bisherige Einsparung mit 23,5 Mio. Euro. Die Auslastung betrage derzeit 86 Prozent, doch während die Personalkosten jährlich rund 35 Mio. Euro betragen, lägen die gesamten Karteneinnahmen einer Saison bei nur fünf Millionen Euro. Für Bachler ein klarer Beweis dafür, dass Tarifsteigerungen nicht durch Kartenpreis-Erhöhungen ausgeglichen werden könnten: "Das muss der Eigentümer lösen!" Im übrigen sei ihm jeder Euro, der nicht für die Kunst verwendet werde, sondern in ein Event, an eine Unternehmensberatung gehe oder "für einen Koffer" verwendet werde, "natürlich ein Ärgernis". Rund 350.000 bis 400.000 Euro (plus Sachleistungen) lukriert laut Drozda das Burgtheater jährlich aus Sponsorgeldern.

Wieder zur Bühnenkunst

Daher will Bachler den Titel seines heutigen Pressegesprächs ("Lassen wir doch das Theater") so verstanden wissen: als Aufforderung, endlose (Geld-)Streitereien beizulegen und stattdessen sich endlich wieder der Bühnenkunst zuzuwenden. Die nächste Burg-Premiere folgt bereits am Samstag (27.11.): Andrea Breth inszeniert Tennessee Williams' "Die Katze auf dem heißen Blechdach". Es folgt am 4.12. im Kasino die Uraufführung von "Schwarzenbergplatz" der Gruppe Rimini Protokoll, am 12.12. im Vestibül die Deutschsprachige Erstaufführung von Carles Battles "Versuchung" (Regie: Michael Schöndorf) und am 18.12. Nicolas Stemanns Inszenierung von Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang" im Burgtheater.

Bereits am 21.1.2005 bringt Andrea Breth die nächste Produktion: Sie inszeniert die Uraufführung von Albert Ostermaiers "Nach den Klippen" im Akademietheater. Im Anatomischen Saal der Akademie der Bildenden Künste inszeniert Klaus Pohl die Uraufführung seines Stückes "Der Anatom", und am 6.2. hat am Burgtheater Nestroys "Zu ebener Erde und erster Stock" Premiere (Regie: Anselm Weber). (APA)