
Mos Def
The New Danger
(Universal)
Dankbarkeit. Das ist der erste Gedanke. Immerhin zählt "The New Danger" des Rappers Mos Def zu der verschwindenden Minderheit von HipHop-Alben, die nicht mit einem so genannten "Intro" beginnen. "Intro" bedeutet eine genreübliche und fast immer unnötige Aufwärmrunde. Von wegen, die Tätowierungen auf den Muskeln aufwärmen, die Stimmbänder auf das bald folgende Gebell vorbereiten, sich das Spatzi richten, um danach, wenn's leicht geht, endlich die erste richtige Nummer zu beginnen.
Mos Def eröffnet sein Album mit The Boogie Man Song. Also der Angstfigur aus dem Kinderspiel "Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann?" Das ist nicht nur ein gut gewählter Einstieg, sondern lässt sich als Fortsetzung von Defs Erstling, Black On Both Sides, interpretieren. Hier wie dort folgen inhaltlich intelligente, exakt beobachtete Aussagen über Erscheinungsbilder des Rassismus. Genauer: Das Einschleichen rassistischer Stereotype in den Alltag und die Medien, die Mos Def eloquent und präzise aufzeigt. Andererseits hat er in den fünf Jahren seit seinem Solodebüt in jeder Menge Film- und Fernsehrollen auch genau solche Rollen verkörpert. Ohne hier gleich eine Kapitalismus- und/oder Integritätskritik hochfahren zu wollen - auch ein HipHop-Star hat Rechnungen zu bezahlen -, aber die Glaubwürdigkeit manch berechtigter Beschwerde leidet da doch beträchtlich. Aber das ist nicht die einzige Komponente, die die Dankbarkeit der ersten Minuten bald untergräbt.
Ragte Black On Both Sides als ein Album aus dem Genre, das sich durch eine besondere Soulfulness auszeichnete, die an die erste wirkliche Blütezeit des HipHop zu Beginn der 90er-Jahre anschloss (siehe nebenstehender "Klassiker der Moderne"), tobt der New Yorker auf The New Danger durch verschiedene Spielarten schwarzer Musikgeschichte, gespickt mit bedeutungsschwangeren Zitaten und Samples. Doch gerade dieser Versuch in Sachen Abwechslungsreichtum erweist sich an gleich mehreren Stellen als Schuss in den Ofen. Offensichtlich unter dem Einfluss der von dem 1973 Geborenen ebenfalls betriebenen Rock Band Black Jack Johnson klingt bereits die zweite Nummer Freaky Black Greetings wie ein Stück von Ice-T's Metal-Band Body Count. Also Härteschübe für die Ärmsten, zweifelhaft "veredelt" von einem heftig das Wah-Wah-Pedal durchtretenden Gitarristen, der so wohl versucht, das Ergebnis dem Hörer als Funk zu verkaufen. Ein Irrtum.
In Folge begibt sich Mos Def - bürgerlich: Dante Beze - immer wieder in ähnliche Untiefen. Auch ein Blues, Blue Black Jack, schmerzt in seiner hier präsentierten Plumpheit. Dass Def hier nicht ein paar Dollars springen hat lassen und einen der alten Südstaaten-Männer, etwa R.L. Burnside, verpflichtet hat - unverständlich. Dafür wird ausgerechnet ein inspirierter Eklektiker wie Shuggie Otis für derlei Holzhackertum angeheuert. Aber abseits dieser Ausrutscher hat The New Danger durchaus seine Momente. Ausgerechnet ein Sample aus dem Hippiemusical Hair ("Let the sun shine . . ." Brrr!) eröffnet das dem verunglückten Blues folgende Bedstuy Parade & Funeral Marches und lässt Erinnerungen an die besten Momente von Black On Both Sides wach werden. Erscheint es doch atmosphärisch wie musikalisch als einer der überzeugendsten Momente des Albums. Doch Defs zwanghaft anmutende Versuche, sich ständig neu zu erfinden, zeitigen bis zum Ende immer wieder Schwachstellen.