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Präsident Putin und der amtierende EU-Ratspräsident Jan Peter Balkenende.

Foto: REUTERS/Jerry Lampen
Vor der Gipfel-Tür protestierten Ukrainerinnen mit orangen Luftballons - der Farbe der Niederlande und der ukrainischen Opposition. Und auch die offizielle Begrüßung war kühl: Statt mit dem üblichen Männerbussi wurde Russlands Präsident Wladimir Putin von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nur mit Händedruck empfangen.

Allzu freundschaftliche Zeichen wären beim Gipfeltreffen zwischen der EU und Russland Donnerstag im niederländischen Den Haag auch nicht angebracht gewesen: Zu sehr belastet die Situation in der Ukraine die Beziehungen.

Das konnten auch die dreistündigen Gipfelgespräche zwischen Barroso, EU-Außenbeauftragten Javier Solana, Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner und der niederländischen EU-Präsidentschaft mit Putin nicht ändern. Der niederländische Premierminister Jan-Peter Balkenende resümierte bitter: "Beide Seiten sind an stabiler Demokratie in der Ukraine interessiert. Aber der Weg der Annäherung ist unterschiedlich." Denn die Position der EU sei klar, betonten Barroso und er: "Die Wahl in der Ukraine hat demokratische Standards nicht erfüllt und kann von der EU nicht anerkannt werden."

Putin ließ die EU-Vertreter zuerst warten (er war wegen Nebels verspätet gelandet) - und dann kalt abblitzen. Noch während des Gipfels wurde in Moskau eine Erklärung veröffentlicht, in der Putin dem Russland-freundlichen Viktor Janukowitsch zum Wahlsieg gratulierte. Und nach dem Gipfel warnte Putin die EU "vor Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine". Wörtlich formulierte der russische Staatspräsident: "Es ist nicht unser Recht, in den Wahlprozess einzugreifen."

Gerichte sollen urteilen

Die Wahlanerkennung müsse von Gerichten entschieden werden. "Aus meiner Sicht - und ich glaube auch aus der meiner Kollegen - sollten alle die Wahl betreffenden Punkte im Rahmen der Verfassung und der Gesetzgebung geklärt werden." Die Opposition sei in die Auszählung der Stimmen eingebunden gewesen, entgegnete Putin den Vorwürfen der manipulierten Wahl. "Konflikte können nicht durch Proteste auf der Straße gelöst werden." Drohender Nachsatz: "Niemand hat das Recht, die Ukraine ins Massenchaos zu stürzen."

Die EU beharrt weiter darauf, dass das Wahlergebnis überprüft wird. Nach dem Nicht-Ergebnis am Gipfel setzt die EU darauf, dass der von ihr entsandte Sonderbeauftragte, der Den Haager Exdiplomat Niek Biegman, die Situation in der Ukraine entschärft. Außerdem baut sie auf die Wahlanfechtung beim Oberstgericht. Ob das nicht ein Scheitern der EU-Außenpolitik sei? - Darauf antwortete Ferrero-Waldner, die Außenkommissarin, so: "Das ist jetzt der erste Schritt." Ansonsten habe die EU das Druckmittel, der Ukraine vage "Konsequenzen" anzudrohen.

Angesichts des Streits über die Ukraine gerieten die eigentlichen Themen des EU-Russland-Gipfels in den Hintergrund. Über die so genannten "vier gemeinsamen Räume" (Wirtschaft, Freiheit, Sicherheit, Bildung) wurde verhandelt - Abschlüsse soll es bis zum nächsten Gipfel im Mai geben. Diesmal wurde ein gemeinsamer Menschenrechtsausschuss vereinbart - der aber nichts mit der Ukraine zu tun hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2004)