Wien - EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beginnt nun Erblast aufzuarbeiten. Am Donnerstag starteten die Verhandlungen über die bereits im Vorfeld heiß umstrittene neue EU-Dienstleistungsrichtlinie. Mit dieser sollen alle Barrieren abgebrochen werden, welche Unternehmer jetzt noch daran hindert, grenzüberschreitend zu agieren.

Parallel zu den Gesprächen auf EU- Ministerratsebene formiert sich allerdings die Front der Gegner. In Österreich sind diese nicht nur in den Oppositionsparteien und in der Gewerkschaft, sondern auch im mittelständischen Gewerbe- und Handwerksbereich zu finden.

Die Kritiker wenden sich vor allem dagegen, dass Firmen, die über die Grenze gehen, ihre Leistungen zu den im Herkunftsland geltenden Bestimmungen anbieten können, auch wenn dabei strengere nationale Standards unterlaufen werden.

Sorge um Sozialstandards

Österreich hat in den sensiblen Bereichen des Gewerbe-, Verbraucher- und Umweltrechts ein vergleichsweise hohes Niveau vorzuweisen. Wenn sich die Unternehmen aber aussuchen können, in welchem Rechtsrahmen sie arbeiten, werde das die Sozial- und Qualitätsstandards rapide absacken lassen, ist sich die Gewerkschaft sicher.

Aber auch Georg Toifl, oberster Gewerbevertreter, fordert auf STANDARD-Anfrage, dass "die Qualität der heimischen Gewerbeleistung auch in einer neuen Richtlinie erhalten bleibt." Kritiker, wie SP-Europasprecher Caspar Einem, befürchten wiederum eine weit gehende Rechtsunsicherheit für die Konsumenten.

Einem zum STANDARD: "Eigentlich sind in Österreich nur die Industriellenvereinigung und der Wirtschaftsminister für so eine Liberalisierung. Sogar Teile der ÖVP signalisieren Widerstand."

Bartenstein macht Druck

Bartenstein kann es freilich nicht schnell genug gehen. Er will die neue Richtlinie 2005 beschließen und 2006, unter österreichischer EU-Präsidentschaft, durchziehen. EU-weit machen sich vor allem die Niederländer und die Esten als "militante Wirtschaftsliberale" für die Richtlinie stark. (Monika Bachhofer, DER STANDARD Printausgabe, 26.11.2004)