Frankfurt - Der angeschlagene deutsche KarstadtQuelle-Konzern hat auf seinem Sanierungsweg ein überlebensbedrohliches Hindernis aus dem Weg geräumt. Die dringend benötigte Kapitalerhöhung über mehr als 500 Millionen Euro wird nach Zugeständnissen des Unternehmens nicht länger von Aktionären blockiert und kann wie geplant noch in diesem Jahr über die Bühne gehen, wie der Einzelhandelskonzern am Donnerstagabend mitteilte. Damit sei auch die milliardenschwere Finanzierung des Sanierungskonzepts gesichert.

Sobald die Kapitalmaßnahme abgeschlossen ist, werden die Gläubigerbanken nach Informationen aus Bankenkreisen allerdings auf Veränderungen im KarstadtQuelle-Vorstand drängen. Unterschiedliche Signale kamen aus den Instituten zu der Frage, ob auch Konzernchef Christoph Achenbach seinen Platz räumen soll. Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff stärkte Achenbach demonstrativ den Rücken.

KarstadtQuelle einigte sich nach eigenen Angaben mit den sechs Einzelaktionären, die Widerspruch gegen die - von der überwältigenden Mehrheit der Anteilseigner bereits beschlossene - Kapitalerhöhung eingelegt hatten. Demnach wollen die opponierenden Aktionäre nicht weiter juristisch gegen die Finanzspritze vorgehen. "Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass es keine Rechtsmittel gegen die Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung geben wird", sagte Konzernsprecher Jörg Howe vor der Essener Konzernzentrale.

Im Gegenzug machte KarstadtQuelle Zugeständnisse, die nach Unternehmensangaben aber keine finanziellen Zuwendungen einschließen. Vielmehr habe sich der Vorstand verpflichtet, dass der Ausgabekurs der neuen Aktien nicht unter 5,38 Euro liegen werde. Mit dieser Maßnahme solle ausgeschlossen werden, dass eine zusätzliche Kapitalerhöhung notwendig wird, die den Wert der Aktien weiter verwässern würde. Der Bezugspreis für die neuen Anteilsscheine wurde dann mit je 5,75 Euro festgelegt, wie das Unternehmen später mitteilte. Damit sollen dem Konzern rund 535 Millionen Euro zufließen. Die KarstadtQuelle-Aktie war zuvor kaum verändert mit 9,71 Euro aus dem Handel gegangen.

Außerdem sicherte der Vorstand den Aktionären zu, im Geschäftsbericht 2004 einen ausführlichen Risikobericht vorzulegen, der auf die Ursachen der Krise bei KarstadtQuelle eingeht. Geklärt werden soll darin etwa, warum die Informationen bei der Hauptversammlung im Mai "die dramatische Verschlechterung der Lage des Unternehmens nicht erkennen ließen". Ferner sollen die Anteilseigner regelmäßig über den aktuellen Stand der Sanierungsschritte informiert werden.

Hätten die sechs Einzelaktionäre ihre Einwände nicht bis Freitag zurückgezogen, hätte das Verkaufsprospekt für die neuen Aktien nicht termingerecht veröffentlicht werden können. Letztlich wäre damit die geplante langfristige Kreditlinie über insgesamt 1,75 Milliarden Euro gefährdet gewesen, was nach den Worten von Aufsichtsratschef Middelhoff möglicherweise zur Insolvenz des Unternehmens geführt hätte.

Unterdessen wollen die Gläubigerbanken nach Abschluss der Kapitalerhöhung die Entlassung der verantwortlichen Spitzenmanager fordern, erfuhr Reuters aus Kreisen des Konsortiums von 16 Geldhäusern. Nach der Beinahe-Pleite müsse es zu einer Reinigung im Top-Management kommen. Ein hochrangiger Banker sagte, es könne auch Vorstandschef Christoph Achenbach treffen. Aus anderen mit dem Vorgang vertrauten Kreisen hieß es dagegen, zu Achenbach gebe es keine einstimmige Haltung unter den Gläubigern. "Anzunehmen, der Vorstandsvorsitzende oder der Finanzvorstand würden wackeln, wäre aber falsch. Das wäre ein falsches Signal zur falschen Zeit", verlautete aus den Kreisen.

Aufsichtsratschef Middelhoff stellte sich hinter Achenbach. "Ich stehe weiterhin fest zu Herrn Achenbach in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der KarstadtQuelle AG", sagte er einem Konzernsprecher zufolge. "An uns sind keine Banken mit Beschwerden zum Vorstand herangetreten", wurde Middelhoff in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zitiert.

Achenbach hatte erst im vergangenen Juni den Chefsessel von Wolfgang Urban übernommen, der auf Grund anhaltender Umsatzeinbrüche und Verluste den Hut nehmen musste. Seither hat Achenbach dem krisengeschüttelten Konzern eine Radikalkur mit Verkäufen von Unternehmensteilen sowie Stellen- und Gehaltskürzungen verordnet. Zuvor hatte er das Versandgeschäft des Konzerns verantwortet. (APA/Reuters)