Zagreb - Welche Abgeordneten im kroatischen Parlament am Freitag den Misstrauensantrag gegen den kroatischen Außenminister Miomir Zuzul abgelehnt haben, war die Hauptfrage, die in den kroatischen Medien am Wochenende aufgeworfen wurde. Laut der regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) waren nämlich während der Abstimmung 78 Abgeordnete im Saal - einer mehr, als für die Ablehnung des Antrags nötig waren. Laut Oppositionsparteien und Medien nahmen aber höchstens 74 Abgeordnete an der Sitzung teil, was folgerichtig zu wenig gewesen wäre.

Die Mandatare von Sozialdemokraten (SDP), Volkspartei (HNS) und Bauernpartei (HSS) sowie jene der IDS (Istrisches Demokratisches Parlament) und der beiden liberalen Parteien LS und Libra verließen den Saal vor dem Votum aus Protest. Parlamentspräsident Vladimir Seks (HDZ) hatte zuvor keine individuelle Abstimmung jedes einzelnen Abgeordneten zugelassen. "Wir wussten, dass wir nicht genug Stimmen für die Ablösung (Zuzuls) haben, aber sie (die Regierungsparteien) hatten auch nicht genug Stimmen", erklärten Oppositionslieder später.

Verwirrung um Anzahl der Mandatare

Nachdem die Opposition den Saal verlassen hatte, zählte ein Parlamentsbeamter die Abgeordneten und kam auf 79. Anto Djapic, einer von zwei Mandataren der oppositionellen Partei des Rechts (HSP), forderte eine neuerliche Zählung, bei der nur mehr 78 gezählt wurden. Obwohl das kroatische Parlament über ein elektronisches Abstimmungssystem verfügt, wird es sehr selten benützt, angeblich, weil es zu kompliziert ist. Probeläufe mit Beamten, Kellnern, Putzfrauen und anderen Angestellten des Parlaments waren allerdings bisher immer erfolgreich.

"Paranormale Erscheinungen"

Am Freitag zählten schließlich die Zeitungen alle Abgeordneten, die die regierende HDZ unterstützen und kamen zu dem Schluss, dass nur fünf von ihnen während der Abstimmung anwesend waren. Zusammen mit den 66 Mandataren der HDZ, zwei aus den Reihen der HSP und einem der Libra (der dann auch den Saal verließ) waren es nach der Zählung der Zeitungen im besten Fall 74. Die HDZ behauptet aber weiter, dass genügend Abgeordnete im Saal waren, um Zuzul zu verteidigen. Ein Abgeordnete der HSP kommentierte die Situation mit der Vermutung, im Parlament gebe es "paranormale Erscheinungen".

Die drei stärksten kroatischen Oppositionsparteien, die SDP (Sozialdemokraten), die Volkspartei (HNS) und Bauernpartei (HSS), hatten den Misstrauensantrag nach Korruptionsvorwürfen gegen Zuzul Mitte November eingebracht. Zuzul war seit Anfang des Monats unter starken öffentlichen und medialen Druck geraten. Das kroatische Internet-Portal Index hatte über undurchsichtige Geschäftsbeziehungen zwischen Zuzuls Frau Tatjana und dem Unternehmer Ivan Karin berichtet, dessen Firma Imotstroj in den Genuss eines Schuldenerlasses Firma durch die kroatische Regierung gekommen war. In seinen Reaktionen darauf und auf andere Medienberichte hatte sich Zuzul in Widersprüche verwickelt. (APA)