Wien - Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) sieht die Verantwortung für die mangelnde Umsetzung von Reformen im Schulbereich bei nicht näher bezeichneten "beharrenden Kräften". So gehe auch ihr das Umsetzen vieler Maßnahmen zu langsam, so Gehrer am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Das zu erwartende schlechtere Abschneiden Österreichs bei der PISA-Studie führte sie unter anderem darauf zurück, dass die Meinung vorherrsche, dass man bei Prüfungen und Tests in der Schule nicht zu viel verlangen dürfe.

"Leistung stand früher nicht sehr im Vordergrund"

Als Ursachen für mittelmäßige PISA-Ergebnisse nannte Gehrer, dass man aus einer Zeit komme, in der Leistung nicht sehr im Vordergrund gestanden seien. Außerdem gebe es an den österreichischen Schulen rund zehn Prozent ausländische Kinder, die nicht gut Deutsch sprechen würden. Bereits nach der Präsentation der letzten PISA-Studie habe man etwa mit Aktionen wie "Lesefit", "Verlässliche Volksschule" oder der Einberufung der Zukunftskommission Maßnahmen gesetzt. Wissenschafter würden allerdings bestätigen, dass Veränderungen im Bildungswesen mindestens drei Legislaturperioden Zeit bräuchten.

Kritik übte Gehrer an der SPÖ: Diese stimme Reformen im Schulwesen wie den Verhaltensvereinbarungen, die einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat bedürfen, nicht zu. Auf einen kompletten Entfall dieser Erfordernis wollte sie sich allerdings nicht festlegen.

Wenig hält Gehrer von der von der SPÖ geforderten Einführung der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen. Zwar meinte sie, dass sie für eine solche kämpfen würde, "wenn mich jemand überzeugen kann, dass die Gesamtschule das Allheilmittel ist". Gleichzeitig meinte sie allerdings, dass eine Einheitsschule in einer multikulturellen Gesellschaft keine Lösung sei: Wenn PISA-Sieger Finnland gleich viele ausländische Kinder in den Klassen sitzen hätte, würde es dort auch anders aussehen. In Österreich gebe es fünf Mal so viele ausländische Kinder in den Schulen wie in Finnland.

Auslaufmodell Pragmatisierung

Die Pragmatisierung von Lehrern hält Gehrer nach wie vor für ein Auslaufmodell. Im Zuge der Schaffung eines neuen Besoldungssystems werde diese erneut zur Diskussion stehen. Für wichtig hält sie vor allem eine verpflichtende Weiterbildung der Pädagogen, um zu verbesserter Methodik und mehr Zusammenarbeit zu kommen.

Im Schulwesen stehe genügend Geld zur Verfügung, betonte Gehrer. Sie könne die "Schauergeschichten vom Kürzen" nicht mehr hören. Österreich gebe für Bildung mehr Geld aus als Deutschland, Finnland und Spanien und liege auch über dem OECD-Schnitt.

Die Bedeutung der PISA-Studie relativierte Gehrer leicht: Diese bewerte das nachhaltige Grundlagenwissen, nicht aber das Schulsystem, das Schulklima oder die Berufsbildung. Gleichzeitig zeigte sie sich zuversichtlich, dass "wir irgendwann da sitzen werden und uns darüber unterhalten, warum unsere Schüler (bei der PISA-Studie, Anm.) besser geworden sind." (APA)