Wien - "Wenn die soziale Herkunft einen so großen Einfluss auf die Schulentscheidung hat, die die Kinder bei uns schon mit zehn Jahren zwischen Hauptschule und Gymnasium treffen müssen, dann muss uns das als Politiker interessieren." Bundesrat Andreas Schnider, bildungspolitischer Vordenker der ÖVP und Geschäftsführer der steirischen Volkspartei, fordert im STANDARD-Gespräch eine genaue Analyse der kommende Woche veröffentlichten zweiten Pisa-Studie.

Auch in dieser wird wie schon in der ersten für Österreich - wie für Deutschland auch - ein sehr enger, negativer Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und Bildungspartizipation ausgewiesen.

Extrem frühe Selektion

Günter Haider, Leiter des Pisa-Zentrums Österreichs, dazu: "Die extrem frühe Selektion scheint ein erheblicher Nachteil vor allem für schwächere Schüler zu sein." In Kombination mit dem "besonders starken Einfluss des sozioökonomischen Status der Eltern" hätten Kinder aus benachteiligten Sozialmilieus bei gleichen Fähigkeiten deutlich geringere Chancen. Frühförderung sei dringend nötig.

Schniders politische Schlussfolgerung lautet: "Da müssen wir über ein paar Dinge kritisch nachdenken. Wir müssen viel früher ansetzen. Frühförderung muss sich um die Schnittstelle zwischen Kindergarten und Volksschule kümmern." Der Unterricht müsse "individualisiert und innen differenzierter werden. Wir müssen heterogener, was Alter und Schwächen betrifft, arbeiten." Kontraproduktiv seien indes Zwischenrufe aus den AHS, wonach ja eigentlich die Volksschulen die Lese- oder Rechenschwächen in der Oberstufe zu verantworten hätten, warnt Schnider.

Der VP-Politiker spricht sich dafür aus, dass Kinder "schon eineinhalb Jahre vor dem Schuleintritt mit ihren Eltern Kontakt zur Schule aufnehmen sollten, um zu sehen: Wo steht das Kind in seiner Entwicklung? Wo stehen die Eltern? Dann kann die Zeit bis zum Schulbeginn für wirklich bedürfnisgerechte Frühförderung genutzt werden", ist Schnider überzeugt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2004)