Wir ziehen nicht in den Krieg", versicherte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana dieser Tage bei seinem Wien-Besuch und erklärte, dass die EU- Battle-Groups lediglich aufgestellt würden, um "einen Konflikt mit militärischen und zivilen Mitteln zu verhindern".

Das Ausbrechen bewaffneter Konflikte kann nur mit zivilen Mitteln verhindert werden. Sobald die militärischen ins Spiel kommen, haben Politik und ziviles Krisenmanagement schon versagt. Von den zivilen Mitteln aber war in der von Platter selbst verursachten Aufregung rund um die Battle-Groups - er hatte sowohl den Regierungspartner FPÖ als auch die Opposition vor vollendete Tatsachen gestellt - kaum mehr die Rede.

Die rund 150 Österreicher/ innen, die für das zivile Krisenmanagement gemeldet wurden (hauptsächlich Polizisten - gefragt wären viel mehr: Techniker/innen für Infrastrukturaufbau, Juristen und Richter, Mediatoren, medizinisches Personal sowie Menschen mit Erfahrung im Aufbau zivilgesellschaftlicher Organisationen) wurden öffentlich kaum wahrgenommen. Und dass Battle-Groups nichts mit Krieg zu tun haben, glaubt hier zu Lande ohnehin niemand. Noch dazu, wo Solana, wie auch die ÖVP, weder ein UNO-Mandat verlangt, noch die Einbeziehung von Nato-Ländern kritisiert. Sein zaghafter Versuch, das Augenmerk auf zivile Konfliktbearbeitung zu richten, wirkt dadurch eher wie ein Ablenkungsmanöver.

Falsche Botschaft . . .

Nomen ist Omen: "battle" heißt nun einmal Schlacht, Kampf - und diese Bedeutung ist aus den Köpfen der neutralitätsbewussten Österreicher/ innen nicht mehr hinauszubekommen. Zu Recht: Schließlich bedeutet Neutralität auch nach der Verfassungsnovelle 1998 immer noch, dass Österreich an keinen Kriegen teilnehmen wird. Und Petersberg-Aufgaben, also Kampfeinsätze, sind nur im Rahmen einer UN-Polizeiaktion legitim, da neutralitäts- und verfassungskonform. Öffentlich durchsetzbar war bisher lediglich, dass Österreich sich an Rettungs- und Katastropheneinsätzen sowie friedenserhaltenden Maßnahmen wie in Bosnien auf Basis eines UNO-Mandates beteiligt. Nun muss sich die EU vorwerfen lassen, dass der Krieg im Kosovo 1999 nur durch den Einsatz der US-Truppen beendet werden konnte. Das stimmt. Doch was geschah bis dahin?

Wer erinnert sich nicht an die Aufkündigung der Kosovo-Autonomie durch Milosevic im Jahr 1989? Wer hat 1990/91 die Auflösung des Staatsverbandes unterstützt? Wer hat gegen die Androhung und Anwendung von Waffengewalt bei der Entscheidung Sloweniens und Kroatiens für die Unabhängigkeit politische Maßnahmen ergriffen? Am Ende der Eskalation, wenn nichts anderes mehr möglich scheint, nach Soldaten zu rufen, ist der letzte Schritt. Doch wer davor keine entsprechenden politischen Schritte gegen die Gewalteskalation setzt, ist dafür im Grunde mit verantwortlich. Wer betreibt eigentlich heute die Lösung des immer noch herrschenden politischen Konfliktes im Kosovo?

Kampfeinsätze können höchstens, als Ultima Ratio, Menschen vor Völkermord schützen. Sicherheit - und um die sollte es ja vorrangig gehen und nicht um Territorien oder Bodenschätze - kann man nur durch rechtzeitige politische und materielle Maßnahmen schaffen. Für Österreich würde das etwa heißen, endlich die Beiträge für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) auf 0,7 Prozent des BIP anzuheben (derzeit - Plan für 2005 - dürftige 0,25 Prozent).

Die entsprechende Erhöhung könnte und sollte für eine Friedenspolitik mit zivilen Mitteln verwendet werden. Wie wär's mit Umschichtung der Finanzmittel von Abfangjägern in Richtung EZA? Das österreichische Militärbudget beträgt immer noch rund 0,8 Prozent des BIP - mehr als dreimal so viel, als wir für Armutsbekämpfung in Afrika, Asien und Lateinamerika ausgeben.

Stichwort Darfour: Experten hegen berechtigte Zweifel, ob europäische Battle-Groups im Sudan derzeit zielführend wären. Sinnvoller erscheint die nun gewählte Strategie, African-Union-Truppen logistisch und finanziell zu unterstützen. Diese haben bisher allerdings nur ein Monitoring-Mandat der Vereinten Nationen. Ein "robusterer" Auftrag, der Soldaten legitimiert, zum Schutz von Menschen einzugreifen, wäre gefragt.

. . . zur falschen Zeit

Die Botschaft europäischer (und in deren Rahmen österreichischer) Friedenspolitik müsste sein: Ja zu einer gemeinsamen Außenpolitik, die Krieg ächtet - sprich: Konfliktverhütung mit friedlichen Mitteln betreibt, also ziviles Krisenmanagement inklusive der nötigen Finanzmittel sowie Aus- und Fortbildungsmaßnahmen; die klar macht, dass Friedensprozesse lange dauern, Militäreinsätze nur das äußerste Mittel sind und nur für den Moment vor eskalierender Gewalt schützen können; kurz: dass nur eine Außenpolitik in der Tradition der österreichischen aktiven Neutralitätspolitik nachhaltig Frieden schaffen kann. Daran muss das Handeln von Platter, Solana und Co gemessen werden.

Die Schaffung der Battle-Groups - zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ohne Gemeinsame Europäische Außenpolitik wie auch ohne zwingend vorgesehene UNO-Mandatierung sowie mit Teilnahme von Nato-Staaten - kann als Vorbereitung zur Verletzung des Kriegsbeteiligungsverbotes und damit des Neutralitätsgesetzes gesehen werden. Zudem wird damit das Pferd - namens "Konfliktverhinderung" - von hinten aufgezäumt. Und selbst ernannte Helden und Ritter, die so ein Pferd reiten wollen, laufen Gefahr, abgeworfen zu werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2004)