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Wien - Die Telekom Austria (TA) plant einen milliardenschweren Deal in Bulgarien. Für 1,6 Mrd. Euro will die Telekom den größten bulgarischen Mobilfunkanbieter MobilTel übernehmen. Nach jahrelangen Verhandlungen mit den Eigentümern der MobilTel, die schon jetzt in Hand österreichischer Investoren ist, hat die TA am Wochenende einen Vorvertrag unterzeichnet und "Exklusivverhandlungen" aufgenommen.

Kaufoption "noch vor Weihnachten"

"Noch vor Weihnachten" will TA-Chef Heinz Sundt eine Kaufoption für 100 Prozent an der MobilTel "unter Dach und Fach bringen". Die Übernahme wäre neben dem OMV-Einstieg bei der rumänischen Petrom eine der größten österreichischen Akquisitionen im Ausland. Analysten sprechen von einer große Wachstumschance für die Telekom. Der Kurs der TA-Aktie stieg am Montag (bis 15.30 Uhr) um 3,9 Prozent auf 12,88 Euro.

Nach vollständiger Klärung der wettbewerbsrechtlichen Fragen könnte der Deal bis Sommer 2005 endgültig abgeschlossen werden, sagte Sundt nach nächtelangen Verhandlungen Montagvormittag in einer Telefonkonferenz. Noch im vierten Quartal 2005, so der Plan, soll die MobilTel komplett in die Telekom Austria-Bilanz konsolidiert werden.

Hoch profitabler Mobilfunker

Der bulgarische Mobilfunker ist hoch profitabel: Mit nur einem Zehntel des Telekom Austria-Umsatzes hat die MobilTel im ersten Halbjahr 2004 mehr Nettogewinn erwirtschaftet als die gesamte Telekom Austria-Gruppe (Telekom, Mobilkom, AOn, CzechOnline und Mobilfunktöchter in Kroatien, Slowenien und Liechtenstein). Per 30. Juni 2004 hatte die MobilTel ungefähr 2,75 Millionen Kunden und ist somit mit einem Marktanteil auf Kundenbasis von ungefähr 67 Prozent der größte Mobilfunkbetreiber in Bulgarien. Bis Ende des Jahres soll laut Sundt die 3 Millionen Kunden-Marke durchbrochen werden. In den zwölf Monaten vor dem 30. Juni hat die MobilTel mit 2.150 Mitarbeitern auf Proforma-Basis rund 455 Mio. Euro umgesetzt und dabei einen operativen Gewinn (EBITA) von etwa 290 Mio. Euro erzielt.

Neben der Telekom Austria hatten sich auch die Deutsche Telekom und die britische Vodafone für den bulgarischen Mobilfunker interessiert. Sie hatten laut Börsenexperten den Preis der MobilTel zuletzt noch einmal in die Höhe getrieben. Die Telekom Austria hatte bereits 2003 einen Übernahmeversuch für die MobilTel-Mehrheit gestartet, der Verkauf scheiterte dann allerdings, weil es hieß, dass die MobilTel-Eigner damals nur eine Minderheit verkaufen wollten. Laut Medienberichten soll im Vorjahr aber auch der TA-Aufsichtsrat unter Vorsitz von ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis Sundt gebremst haben, weil ihm der Kaufpreis von damals einer Milliarde Euro für die MobilTel zu hoch erschien.

Analysten: "Fairer Kauf"

Dass die bisherigen österreichischen Eigentümer um den früheren ÖVP-Obmann Josef Taus, Berater Herbert Cordt, Geschäftsmann Martin Schlaff und seinerzeit auch die BAWAG/P.S.K. 2002 nur kolportierte 565 Mio. Euro - also rund ein Drittel des jetzigen Kaufpreis - für die MobilTel bezahlt hätten, weist Sundt zurück. Diese Zahl entbehre "jeglicher Grundlage", so der TA-Chef.

Analysten bezeichnen den nunmehrigen Kaufpreis von "zirka 1,6 Milliarden Euro" als "fair". "Das ist zwar kein Schnäppchen, aber auch nicht übertrieben teuer", sagte RCB-Analyst Tobias Winter. Angesichts der "sensationell guten" Ertragslage der MobilTel und eher geringen Mobilfunkpenetration (derzeit 51,8 Prozent) scheine der Preis auf den ersten Blick sogar "günstig", allerdings müsse man die zu erwartende steigende Konkurrenz in Bulgarien durch einen dritten Handybetreiber mitbedenken, so Erste Bank-Analyst Konrad Sveceny.

Im Kaufpreis enthalten sind auch die Übernahme der Schulden der MobilTel - zum 30. Juni 2004 rund 450 Mio. Euro. Die Telekom Austria will den Kauf zu einem guten Teil aus den eigenen Gewinnen finanzieren. "Zumindest 500 Mio. Euro des Kaufpreises - voraussichtlich aber ein bisschen mehr" werde die Telekom aus dem eigenen Cash-Flow aufbringen, sagte Sundt. Den Rest will die Telekom über "ergänzende Maßnahmen am Kapitalmarkt", also durch neue Schulden aufstellen. Kapitalerhöhung sei keine geplant. Der Verschuldungsgrad (Gearing-Rate) werde dadurch kurzfristig von derzeit etwa 76 Prozent (Stand 3. Quartal) auf 130 bis 135 Prozent ansteigen, bis Ende 2005 aber wieder auf 120 Prozent sinken, so Sundt.

Einstieg in Bosnien und Serbien-Montenegro geplant

Insgesamt will die Telekom Austria in den nächsten drei Jahren rund 2 Mrd. Euro in Firmenzukäufe investieren. Neben Bulgarien plant die TA vor allem den Einstieg in Bosnien und Serbien-Montenegro. Das Interesse daran sei nach wie vor intakt, der Spielraum dafür nach der MobilTel-Übernahme nach wie vor gegeben, bekräftigte Sundt. Festhalten will die Telekom Austria auch an dem im August gestarteten Aktienrückkauf. Bis zum heutigen Tag habe man bereits Aktien im Wert 65 Mio. Euro zurückgekauft. Insgesamt hat die Hauptversammlung bis Ende 2005 den Rückkauf von Aktien im Wert von 300 Mio. Euro genehmigt. Die TA betrachte dies als "stille Dividende" und wolle mit dem Programm fortfahren, versicherte Sundt.

Die Telekom Austria-Aktie reagierte am Montag positiv auf die neuen Nachrichten. Im Tagesverlauf stieg die Aktie zwischenzeitlich um mehr als 4,5 Prozent auf fast 13 Euro - eine gute Nachricht für den Finanzminister, nachdem die Staatsholding ÖIAG noch heuer weitere 17 Prozent der Telekom Austria über die Börse privatisieren will. Gerüchte, dass dieser Verkauf schon diese Woche erfolgen soll, wollte Sundt am Montag nicht bestätigen. Er unterstütze "jeden Verkauf der ÖIAG in genannter Höhe zu einem möglichst frühen Zeitpunkt", so der TA-Chef. Der ÖIAG-Aufsichtsrat könnte in einer Sitzung am kommenden Freitag den Verkauf endgültig absegnen. (APA)