Die europäischen Diplomaten können ihren Optimismus kaum in Worte fassen: Ein "historisches Fenster" sei nach Arafats Tod für den Nahost-Friedensprozess offen. Und die EU ist entschlossen, dieses offene Fenster zu nutzen: Nach Arafats Tod wurde eine lang angesetzte Mittelmeer-Konferenz umfunktioniert und als Gesprächsplattform über den Nahen Osten genutzt. Am Montag hat diese Nahost-Konferenz im niederländischen Den Haag begonnen - sie ist eine der raren Gelegenheiten, bei denen Israel und die arabische Welt an einem Tisch sitzen.

Die Außenminister der EU und zwölf Delegationen sind zu dem Treffen angereist, darunter Vertreter Ägyptens, Syriens, des Libanon, Israels und der palästinensischen Autonomiebehörde. EU-Außenbeauftragter Javier Solana erhofft sich von dieser Konferenz ein "positives Signal", dass der Friedensplan im Nahen Osten eingehalten wird.

Das wichtigste Etappenziel dabei ist die Etablierung eines eigenen Palästinenserstaates im Jahr 2005. Mit Interesse wurde auf der Konferenz daher zur Kenntnis genommen, dass die israelischen Militärbehörden die Baupläne für die umstrittene Sperranlage zu den palästinensischen Gebieten geändert haben. Der neue Streckenverlauf schneidet weniger tief ins Westjordanland.

Schwerpunkt Wahlen

Besondere Bedeutung wurden auf der Konferenz den palästinensischen Wahlen am 9. Jänner zugemessen. Die EU legt großen Wert darauf, dass die neue palästinensische Führung Legitimität hat - und diese sei nur durch Wahlen erreichbar. Um deren Transparenz zu erhöhen, schickt die EU eine Beobachtermission, zudem unterstützt sie die Wahlen finanziell.

Generell ist die EU der mit Abstand größte Geldgeber der palästinensischen Selbstverwaltung. Zwischen 2000 und 2003 hat sie fast eine Milliarde Euro an Arafat überwiesen. Diese Direktzahlungen sind mittlerweile eingestellt, die Union finanziert aber weiterhin Projekte der Palästinenser.

Konfliktpunkt Geld

Das sorgt immer wieder für diplomatische Irritationen mit Israel: Tel Aviv warf der Union wiederholt vor, parteiisch zu sein und kritisierte, dass die EU-Gelder teils in die Kassen von Terroristen fließen. Konkrete Beweise für diese Verdächtigungen fehlen bisher - es gab zwar undurchsichtige Einzelfälle, aber keine Hinweise auf systematische Umschichtungen von Geldern. Allerdings ist der Bericht der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf über die Palästinenser-Hilfe auch nicht rechtzeitig zur Nahost-Konferenz fertig geworden. Damit stand ein wesentlicher Konfliktpunkt gar nicht erst auf der Tagesordnung.

Dieses Misstrauen Israels in die lauteren Absichten der EU hat bisher dafür gesorgt, dass Europa nie eine echte Schlüsselrolle im Nahostkonflikt übernehmen konnte - im Gegensatz zur USA. Das könnte sich nun ändern, hoffte Marc Otte, der Sonderbeauftragte der EU für die Region: "Es gibt eine Chance zur Wiederbelebung des Friedensprozesses." Auch Ottes Handlungsspielraum war bisher eingeschränkt: So wurden ihm etwa von Israel Gesprächstermine immer wieder mit der Begründung verweigert, dass er mit Arafat zusammengetroffen war.

Künftig will die EU eine stärkere Rolle spielen. Und sieht daher konkrete Ergebnisse gar nicht als Ziel des Treffens von Den Haag. Ein Diplomat formuliert das so: "Das wichtigste ist, dass die Konferenz überhaupt stattfindet." (Eva Linsinger/DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2004)