Eigener Terminal für rasches Umsteigen: Lufthansa hat München gleichberechtigt zu Frankfurt gemacht.

Foto: Lufthansa
München - Innerhalb von wenig mehr als einem Jahr ist die Drehscheibe München der Wachstumsmotor für die deutsche Lufthansa geworden. War bis zum Sommer 2003 der überlastete Flughafen Frankfurt das Herz der Lufthansa, setzt die Airline seit Eröffnung ihres eigenen Terminals in München Ende Juni 2003 auf zwei Hubs.

Hub-Manager

Das unterstreicht auch die Bestellung eines eigenen Hub-Managers in München vor wenigen Wochen, Karl Ulrich Garnadt. "Ein Signal, dass sich München auf dem Niveau von Frankfurt und darüber hinaus entwickelt", erklärt Garnadt in einem Gespräch mit österreichischen Journalisten.

Während aus Frankfurt kaum noch Wachstum möglich sei, habe die Lufthansa in München seit 1999 trotz 9/11, SARS-Epidemie und Irakkrieg jährlich im Schnitt sechs Prozent zugelegt, die europäische Flugindustrie nur ein Prozent.

Zwölf Mio. Passagiere wird die Lufthansa in ihrem eigenen Terminal 2004 abfertigen, 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Zusammen mit den Star-Alliance-Partnern (darunter die AUA) werden in dem neuen Gebäude heuer rund 20 Mio. Fluggäste bedient.

Noch hat Frankfurt bei der Lufthansa die Nase nach Passagieren gemessen vorne und verzeichnet trotz gleich hoher Anzahl an Flügen fast doppelt so viele Gäste wie München, sagt Garnardt. Erklärtes Ziel des Flughafens, derzeit unter den Top Ten in Europa, ist unter die Top-5-Airports vorzudringen.

Umsteigen optimieren

Da München ähnlich wie Wien ein relativ kleines Einzugsgebiet hat, kommt dem Umsteigeverkehr eine überragende Bedeutung zu, beschreibt Garnardt. "50 Prozent der Lufthansa-Gäste sind heute bereits Umsteiger, das wird Richtung 65 Prozent wachsen, auf der Langstrecke bis zu 80 Prozent."

Damit das gelingt müsse die Qualität beim Umsteigen optimal sein. Das sei seine Aufgabe als Hub-Manager, sagt Garnadt: die Abläufe so zu optimieren, dass Passagiere von der Ankunft am Flughafen bis sie neuerlich an Bord sind optimal betreut werden.

Denn "wenn's am Boden nicht klappt ist die Erinnerung schlecht" - zum Nachteil der Fluglinie. Wien habe beim Umsteigen bisher die kürzesten Zeiten gehabt, "seit dem neuen Terminal sind wir in München fünf Minuten besser, das ist das Ergebnis des positiven Wettbewerbs".

Langstrecke als Eckpunkt

Vor allem die Langstrecke ist ein wesentlicher Eckpunkt der Hub-Strategie, erklärt Garnadt: "15 Langstreckenjets sind derzeit in München stationiert", was eine Verdopplung der aus München geführten Flüge gegenüber 2003 brachte. Asien wurde 2004 besonders stark ausgebaut und wird weiter wachsen.

Unter Wettbewerbsdruck kommt dabei die Austrian Airlines, die gleichfalls stark auf den Asienverkehr als Wachstumsbringer setzt, und der Wiener Flughafen, der gleichfalls aufgrund des Umsteigeverkehrs stark wächst.

"Grundsätzlich ist ganz Österreich unser Einzugsgebiet", sagt Bernhard Brauneder, Direktor der Lufthansa Österreich. Vor allem im Westen ist es "Geschmackssache", ob man über Wien oder München reise, in Salzburg liege der Marktanteil bei 40 Prozent.

Aber auch "wenn wir im Einzelfall im Wettbewerb stehen", will die Lufthansa als AUA-Partner die Entwicklung lieber als gemeinsame Chance definieren. "Aus Berlin fliegen wahrscheinlich mehr Leute über Wien nach Delhi als über München", beruhigt Garnadt. "Unser Ziel ist es, gemeinsam eine hohe Abschöpfung des Marktes zu erreichen." (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 30.11.2004)