Bode Miller hat die Konkurrenz im Griff.

Lake Louise - Bode Miller setzte sich seine blaue Wollmütze auf, grinste und sprach: "Jetzt gehöre ich zum exklusivsten Klub der Welt." Am Samstag hatte er in Lake Louise die erste Abfahrt seines Lebens gewonnen, am Sonntag den Super-G, womit er nach Pirmin Zurbriggen, Marc Girardelli, Kjetil-Andre Aamodt und Günther Mader der fünfte Skifahrer ist, der in sämtlichen Disziplinen gewann.

Und da er heuer auch beim die Saison eröffnenden Riesenslalom in Sölden siegte, ist er der erste Läufer in der Geschichte des alpinen Weltcups, der die ersten drei Saisonrennen in drei Disziplinen erbeutete. "Eine Menge Leute haben mich kritisiert, dass ich nur Energie verschwende, weil ich alle Disziplinen fahre. Jetzt wissen es alle besser. Umso süßer schmeckt dieser Sieg", meinte er noch.

"Ohne große Erwartungen gekommen"

"Ich bin ohne große Erwartungen hierher gekommen. Umso erstaunter bin ich jetzt. Es ist wirklich unglaublich", meinte Miller untypisch bescheiden, als hätte ihm just die Siegesserie eine Lektion in Demut erteilt. Jedenfalls ist er auf dem besten Weg, als erster Amerikaner seit Phil Mahre 1983 den Gesamtweltcup zu holen. "Aber die Saison ist noch lang, es kann noch viel passieren." So sieht das auch Hermann Maier, der Titelverteidiger, der als Zweiter im Super-G Miller um 14 Hundertstel verpasste: "Mir fehlt ein Sieg zum absoluten Selbstvertrauen, aber der Winter dauert noch lang."

In den USA, wo andere Sportarten im Mittelpunkt stehen, blieben Millers Erfolge bisher weit gehend unbemerkt. Seine Fans hat der Teilzeittiroler vor allem in Europa. Der populären Sendung mit Sport-Highlights im US-TV-Sender ESPN war er bisher keine Meldung wert. "Ich war Doppelweltmeister, habe viele Rennen gewonnen, aber im ,Sports Center' wurde ich kein einziges Mal genannt", bedauert Miller.

Giger: "Großartiger Mannschaftserfolg"

Die Österreicher werden in ihrer Heimat oft genannt - in Summe sind sie ja immer noch die Besten. Sechs landeten unter den ersten acht, darunter Neulinge im Erfolg wie Johann Grugger (4.) und Mario Scheiber (7.). Cheftrainer Toni Giger freute sich über den "großartigen Mannschaftserfolg. Im vergangenen Jahr war unser Durchschnittsalter 30, heuer 25." Miller sei schwer zu schlagen, man sei ihm aber schon nahe gekommen, "obwohl der Hermann keinen optimalen Lauf hatte".

Maier: "Für mich war wichtig, dass ich gesehen habe, dass ich im Flachen schnell bin. Aber ich kriege momentan die Kraft noch nicht richtig rüber." Der Situation mit dem dominierenden Miller ringt Maier Positives ab. "Ich finde das gut - wir Österreicher müssen uns zusammenreißen, dass wir nicht abreißen. Die Tage in Lake Louise waren sehr aufschlussreich, in Beaver Creek werde ich zurückschlagen." Heute steht in Beaver Creek das erste Abfahrtstraining auf dem umfangreichen Programm; Super-G am Donnerstag, Abfahrt am Freitag, Riesenslalom am Samstag, Slalom am Sonntag. (DER STANDARD, Printausgabe 30. November 2004, red)